Die italienische Symphonic-/Melodic-/Power Metal Band Temperance liefert mit ihrem 7. Werk ein klanggewaltiges, oft rasantes, filigran komponiertes und sinfonisch geprägtes Album-Epos ab! Mit „Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“ erzählen sie nicht nur eine spannende und komplexe Storyline, sie schreiben damit auch ihre eigene Geschichte als Band, ein gutes Stück weit neu! 10/10

Es ist ziemlich genau 2 Jahre her, da hat die melodisch und sinfonisch interessierte Metal Welt, das Vorgängeralbum „Diamanti“ gefeiert und in den höchsten Tönen gelobt. Auch die Resonanz der Presse war großartig und man konnte sich somit, über das bislang erfolgreichste Album freuen. Seitdem ist im Hause Temperance einiges passiert. Die Italiener mussten den Abgang von Sängerin Alessia Scolletti und Drummer Alfonso Mocerino kompensieren. Dies lief aber in freundschaftlichem Einvernehmen. Somit waren dann auch schnell die Türen geöffnet, für Marco Sacchetto am Schlagzeug und Kristin Starkey am Mikro, die nun an der Seite von Michele Guaitoli (auch Visions Of Atlantis), Sänger/Gitarrist Marco Pastorino (u.a. Serenity, Fallen Sanctuary, Wonders, Flames Of Heaven) und Bassist Luca Negro (Wonders) agieren. Nach mehrfachen, coronabedingten Verschiebungen konnte im Frühjahr dieses Jahres auch endlich die Tour im Vorprogramm von Tarja stattfinden und auch eine ganze Reihe Headliner Shows wurden absolviert. Bereits bei diesen umfangreichen Tour-Aktivitäten, wurden die beiden sympathischen Neuzugänge dem erfreuten Publikum vorgestellt. Man konnte da schon gut erkennen, für Temperance ist eine neue Ära angebrochen, mit einer spannenden und noch mehr erfolgversprechenden Zukunft. Speziell auf Kristin Starkey möchte ich hier etwas ausführlicher eingehen, denn ich denke, man kann sie sicherlich, als den neuen Star in der Band bezeichnen. Die New Yorkerin ist eigentlich als Opernsängerin bekannt und schon viele Jahre in diesem Bereich erfolgreich aktiv. Sie hat aber auch schon lange Zeit einen Faible für die Metal Musik, speziell für die, die mit klassischen Arrangements und opulenten Klanggerüsten erschaffen wurde. Erfahrungen in dieser Richtung hat sie auch bereits gesammelt. Zum einen hat Kristin Starkey diverse Cover Songs veröffentlicht, zum anderen war sie bereits auf Twilight Force Alben zu hören und war mit der schwedischen Power Metal Band auch schon unterwegs, dies sogar nur wenige Wochen vor ihrer ersten Temperance Tour. Wenn ihr nun aber glaubt und der Verdacht läge ja durchaus nahe, dass sie auf dem neuen Meisterstück „Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“ nur im klassischen Stil singt und allen anderen damit die Show stiehlt, dann seht ihr euch getäuscht. Natürlich zeigt Kristin immer wieder, was sie für eine überragende und fantastisch ausgebildete Opernstimme hat aber meistens agiert sie mit „normaler“ Gesangstechnik. Sie zeigt sich dabei häufig auch von einer sehr rockigen Seite und macht an mancher Stelle, damit sogar einer Noora Louhimo (Battle Beast) Konkurrenz. Die US Amerikanerin begeistert in jeder Stimmlage mit unglaublich viel Kraft und Stimmvolumen und hebt alleine damit schon, die Musik von Temperance auf das nächste Level. Gut, dass ihr als Hauptgesangspartner Michele „Meek“ Guaitoli zur Seite steht, denn der ist es ja durchaus gewohnt, an der Seite stimmgewaltiger Frauen zu agieren und zu bestehen. Er macht, wie üblich, einen sensationellen Job und ich habe sogar das Gefühl, dass ihn die hohe stimmliche Qualität von Kristin Starkey noch zusätzlich inspiriert und angespornt hat. Ich hatte eingangs schon angedeutet, dass sich die Italiener ein gutes Stück weit neu erfunden haben, man kann auch sagen, dass es seit dem letzten Werk „Diamanti“, nochmal eine gewaltige Entwicklung gegeben hat, die ich mir in so einem Maße, kaum hätte vorstellen können. Denn auch dieses Album hatte bei mir damals eine wohl verdiente 10er Wertung bekommen. Es gibt aber viele Dinge, die die Weiterentwicklung prägen und auch für die erkennbare Neuausrichtung der Musik verantwortlich sind. Zum einen sind das natürlich die beiden Neuzugänge, zum anderen ist es aber auch der deutlich gestiegene, sinfonische/orchestrale Anteil und das oft rasante aber stets vielseitig eingesetzt Tempo. Es ist aber natürlich auch die Storyline, die hinter „Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“ steckt, die ein opulentes, cineastisch geprägtes Klanggerüst erfordert. Es gibt tatsächlich nur zwei Stücke, die mit Temperance typischen Klangmustern aufwarten, wie man sie vor allem von den letzten paar Alben gewohnt ist. Aber keine Sorge, wer die „alten“ Temperance mochte, wird auch sicher an den „neuen“ Temperance große Freude haben, vielleicht sogar noch mehr. Die musikalisch/stilistischen Einflüsse sehe ich beim neuen Epos vorwiegend bei Avantasia, Twilight Force, Rhapsody/Rhapsody Of Fire aber auch ein bisschen bei Savatage. Was haben all diese Bands gemeinsam? Sie spielen schnellen, facettenreichen und sehr ideenreich komponierten, meist hochmelodischen Power Metal, mit oftmals gewaltigen, orchestralen Arrangements und epischen Klanglandschaften. Übrigens, das Wort „episch“ werdet ihr in diesem Artikel sicher noch oft lesen. Warum sag ich euch das? Weil es kein geeigneteres Wort gibt, um „Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“ besser und treffender zu beschreiben! Ihr habt nun also schon eine kleine Vorstellung davon, was für ein bombastisches aber auch unglaublich vielseitiges Album Temperance hier erschaffen haben. Die Produktion lag dieses Mal übrigens komplett in italienischer Hand. Eine Entscheidung die man sehr bewusst getroffen hat. Die Produktion hat Marco Pastorino noch selbst übernommen, Mix und Master hat Simone Mularoni durchgeführt, wie auch schon bei den Frühwerken. Der erfahrene Musiker und Tontechniker hat sich damit selbst ein Denkmal gesetzt! Die gewaltigen und wirklich beeindruckenden Orchester-Arrangements stammen aus der Hand von Ancient Bards Mastermind Daniele Mazza. Eine sensationelle Arbeit des italienischen Künstlers, dessen Talente übrigens auch auf dem in Kürze erscheinenden neuen Serenity Album „Nemesis A.D.“ (Release 03.11.2023) zu hören sind. Ein Album mit so viel Klangvolumen, benötigt natürlich auch einen stimmgewaltigen Chor. Auch hier sind bekannte Namen und Freunde der Band mit vertreten, unter anderem Clémentine Delauney (Visions Of Atlantis) und Gabriele Gab Gozzi (Fallen Sanctuary, Eternal Idol), der ja auch immer mal wieder bei Tour-Überschneidungen, Michele Guaitoli am Temperance Mikro vertritt. Es gibt aber natürlich noch etwas Wichtiges zu erzählen, das dieses Album so besonders, so außergewöhnlich macht. „Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“ ist ein Konzept-Album, das seine Ursprünge in dem Abschluss-Song der „Of Jupiter And Moons“ Scheibe hat, der folgerichtig, den Titel „Daruma’s Eyes Pt. 1“ trägt. Seit langer Zeit hat Gitarrist/Sänger/Mastermind Marco Pastorino den Wunsch gehegt, mal ein opulentes Gesamtkunstwerk zu erschaffen, mit einer durchgängigen Storyline und unterschiedlichen Stimmen, für die einzelnen Charaktere der Geschichte. Diesen Wunsch hat sich der vielbeschäftigte Musiker nun erfüllen können und mit „Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“ ein epochales Werk inszeniert. Die aufwändige Story hat Marco Pastorino natürlich selbst verfasst und sogar als Buch veröffentlicht, mit dem Titel „Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“. In den 14 Stücken des Albums wird dem begeisterten Musikliebhaber die Geschichte näher gebracht, natürlich mit kraftvollem, opulentem und sehr kreativ komponiertem, melodischen Power Metal untermalt. Die Erzählung dreht sich um den Hauptprotagonisten Viktor, der in New York lebt. Er findet eine Daruma. Das ist eine japanische Puppe, die in Fernost auch als Glücksbinger sehr beliebt ist. Dieser Glaube oder Aberglaube, geht zurück auf den buddhistischen Mönch Bodhidharma, dem man auch nachsagt, der Urvater der berühmten Shaolin-Kämpfe zu sein. Die verzauberte Daruma bringt Viktor auf wundersame Weise nach Asakusa in Japan, wo er in einen verwunschenen Ort namens „Hermitage“ kommt. Dort spielt diese aufregende Geschichte, in der Viktor nach und nach die Leute kennenlernt und irgendwann sogar als Wegweiser und Beeinflusser des Schicksals gehandelt wird. Es geht um Intrigen, Macht und den Kampf zweier Geschwister. Schlussendlich stellt sich alles natürlich als ein Traum heraus. Neben Kristin Starkey, Michele Guaitoli und Marco Pastorino, gibt es noch vier weitere Stimmen zu erleben, die in unterschiedliche Rollen schlüpfen und dieses phänomenale Album, zu einer Symphonic-/Melodic-/Power Metal Sensation machen! Wir hören Fabienne Erni von Illumishade und Eluveitie, dazu kommt Laura Fella von Faun und Alessandro Conti von Twilight Force und Trick Or Treat bzw. ehemals Luca Turilli’s Rhapsody. Die vierte Stimme gehört dem große Arjen Lucassen von Ayreon, der hier die Rolle des Geschichtenerzählers übernommen hat und immer mal wieder ein Vorwort, ein Nachwort oder ein Intermezzo spricht. Oftmals zu kraftvoller Instrumentierung, was man so auch nicht so häufig findet. Ihr seht also, es gibt viel zu erleben und zu entdecken, auf „Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“, das mit einer knappen Stunde Spielzeit begeistert und am 20.10.2023 über Napalm Records das Licht der Welt, …der echten Welt, erblicken wird. Das wundervolle, sehr ausdrucksstarke Cover-Artwork, stammt übrigens ebenfalls aus italienischer Hand, nämlich von Giada Belviso. Soweit mal die Geschichte zum Album und das Drumherum, nun taucht mit mir ein bisschen ein, in die opulente Klangwelt des neuen Temperance Meisterwerks.

Natürlich, am Anfang der Geschichte, steht die Puppe. Ok, kleiner Scherz. Aber nichtsdestotrotz, geht es mit „Daruma“ los und das gleich mit allem Klangvolumen, das nur möglich ist. Eine wirklich gewaltige Einleitung, mit dreistimmiger Opulenz und viel Dramatik. Der erste Single-/Video-Hit des Albums ist stark geprägt von der brillant gespielten Lead-Gitarre von Marco Pastorino, der auch gleich mal die Melodie des Refrains dafür verwendet. Der Vers-Teil startet erst mal ruhig mit der starken Stimme von Michele Guaitoli. Der von Kristin Starkey angeführte, mehrstimmige Chorus ist sehr intensiv und gleichermaßen eingängig. Die zweite Strophe zeigt die US-Amerikanerin dann in führender Rolle, zu insgesamt deutlich verstärkter Instrumentierung. Somit sind auch Tieftöner Luca Negro und Neuzugang Marco Sacchetto am Schlagzeug, sehr gut gefordert. Daniele Mazza liefert hier mit seinen Orchester-Arrangements ein Paradebeispiel dafür, was uns auf dem Rest des Albums noch erwartet. Einfach nur sensationell! Natürlich hat auch Arjen Lucassen hier beim Opener seinen ersten Auftritt. Im Video sehr cool gemacht. Da schaut er aus einem Spiegel heraus. Das hat Flair. „Glorious“ kommt im kraftvollen, ziemlich rasanten Power Metal Gewand ums Eck. Die beiden Hauptstimmen Kristin Starkey und Michele Guaitoli wechseln sich ab und brillieren auch zweistimmig. Zusätzliche Backings geben noch mehr Kraft und noch mehr Volumen. Trotz der hohen Geschwindigkeit stechen immer mal wieder einzelne Höhepunkte heraus, sowohl instrumental, als auch gesanglich. Ein großes Highlight ist eine wunderbare Chor-Passage in der zweiten Hälfte des Stücks. Das hat eindeutig epische Ausstrahlung! „A Hero Reborn“ startet verhalten, zunächst mit prägendem Piano-Spiel und ein bisschen Gitarre und Schlagzeug. Die Stimmung ist ziemlich düster. Nur allmählich nimmt das Stück Fahrt auf und erst nach annähernd zwei Minuten setzt der Gesang ein. Orchester-Klänge kommen verstärkt hinzu und begleiten den ersten, wunderschönen Refrain. Stimmlich absolut herausragend! Mit der zweiten Strophe wendet sich das Blatt ein gutes Stück und es wird deutlich kraftvoller und intensiver. Kristin Starkey übernimmt vorerst die gesangliche Leitung. Zum nächsten Chorus wird dann das ganze Programm aufgefahren und wir erleben ein wahres Monster eines Symphonic Metal Refrains. Das ist ganz großes Kino! A propos Kino. „Welcome To Hermitage“ liefert durchaus ein paar Disney Vibes und ist auch allgemein, recht cineastisch geprägt. Die nächsten Gäste kommen hier zum Zug. Den Auftakt macht die wunderbare Fabienne Erni, mit ihrem unverwechselbaren Charisma. Es folgt ihr Laura Fella, mit warmer und weicher Stimme, ehe dann auch Michele Guaitoli und Kristin Starkey mit einsteigen. Letztere zeigt dann auch, was für eine unglaublich starke Rockröhre sie hat. Was für eine gesangliche Power! Der Song wird immer opulenter und kraftvoller. Ein gigantisches Klangerlebnis, das auch von der druckvollen, rhythmischen Power von Marco Sacchetto und Luca Negro lebt, die es ausgezeichnet verstehen, das Tempo zu steuern und somit immer wieder gut die Spannung aufzubauen. Ein paar „spoken words“ auf Italienisch lockern zwischendurch auf, ehe das Lied mit einem tollen Finale zu Ende geht. „No Return“ war unlängst die zweite Single/Video Auskoppelung aus dem Album. Wer die Nummer schon kennt, weiß, wie gewaltig der Song ist und mit welch großem Suchtfaktor er komponiert und arrangiert wurde. Die Orchester-Parts sind überwältigend, die metallische Power mitreißend und die stimmliche Performance von Kristin Starkey und Michele Guaitoli ist mehr als nur beeindruckend und so unfassbar vielseitig. Alleine nur der Refrain, ist an majestätischer und epischer Größe kaum zu überbieten. Ausstrahlung und Stimmung wurden ebenfalls perfekt dazu erschaffen und geben dem Lied sehr viel Flair, mit einer gewissen nordischen Prägung. Das Stück hat aber dennoch auch eine rhythmisch/rockige Note und begeistert mit toller, facettenreicher Instrumentierung. Ein gutes Beispiel dafür ist die sensationelle Gitarren-Arbeit von Marco Pastorino. Ein paar typische Temperance Klangmuster gibt es dann beim nachfolgenden „In Search Of Gold“. Michele Guaitoli startet mit Piano-Begleitung, Kristin Starkey übernimmt für ein schönes Duett. Trotz der etwas zurückhaltenden Instrumentierung, gibt es viel Klangvolumen und eine ordentliche Portion Energie. Sequenzen mit Riffs und satten Drums sorgen für Abwechslung, starke Übergänge und Wendungen fördern die Spannung. Die Vocalline wirkt oft erhaben und kommt im Verlauf immer intensiver rüber. Eines meiner ganz besonderen Highlights ist „Join Me“. Arjen Lucassen spricht zunächst die Einleitung, jedoch schon von harten Klängen begleitet. Fabienne Erni und Laura Fella sind hier wieder mit dabei und sorgen für zusätzliche, stimmliche Brillanz und ganz viel Ausstrahlung. Die Melodieführung ist einfach nur genial, ganz speziell gilt dies für die Vocalline. Ich finde das hat eine große Eleganz, wirkt sehr fein und unglaublich harmonisch abgestimmt. Auch wenn die Nummer durchaus kraftvoll ist, so besitzt sie eine gleichermaßen große Tiefe, die einem auch bei einer gesunden, instrumentalen Härte, ein paar Gänsehaut-Momente beschert. Unnötig zu erwähnen, dass wir es hier wieder mit einer Glanzleistung von Daniele Mazza zu tun haben, der alle Register bei den klassischen Arrangements gezogen hat. Marco Pastorino setzt noch einen drauf. Er spielt ein super Riff nach dem anderen und ein super Solo gibt es als Zugabe. „Trust No One But You“ zeigt die Größe und Stärke von Gastsänger Alessandro Conti. Nicht ganz überraschend, hat die Nummer, die von ihm stark geprägt ist, einen stilistischen Hang zu Twilight Force und auch ein bisschen Rhapsody. Das Stück hat ordentlich Power und ist vielleicht der gradlinigste Song des Albums, wenngleich auch hier, die Orchester-Parts eine tragende Highlight-Rolle spielen. Das gibt dem Track eine klare cineastische Ausstrahlung, natürlich mit viel Klangvolumen. Und weiter geht es mit den mega Hits. „Darkness Is Just A Drawing“ begeistert mit seiner facettenreich aufgebauten Dramaturgie, schöner Grundstimmung, genialen Arrangements und brillanter Melodieführung. Michele Guaitoli und Kristin Starkey haben hier stimmlich das Heft wieder voll in der Hand und liefern herausragende Leistungen ab. Der gewaltige und erhabene Chorus kommt dann durch Backings, mit noch mehr Stimmvolumen daher und macht den Song zu einer epischen Hymne für die Ewigkeit! Speziell die Darbietung von Kristin möchte ich hier noch gesondert hervorheben. Es ist einmalig, wie vielseitig sie ihre Stimme bei diesem Stück einsetzt. Das ist wirklich einzigartig, was die New Yorkerin alles aus ihrem Repertoire abrufen kann! Ich ziehe meinen Hut. Das Stück geht dann mit den satten Drums vom Marco Sacchetto direkt über in den nachfolgenden Song. „Into The Void“ kommt mit unbändiger Power rüber und ist in vielen Passagen, vielleicht das schnellste Stück des Albums. Die Nummer walzt wirklich alles nieder. Dennoch lebt dieser Kracher auch von der musikalischen Brillanz und Kreativität. Es gibt viele, sehr rasante Übergänge, die sowohl instrumental, als auch stimmlich begeistern. Marco Pastorino glänzt mit grandioser Gitarren-Arbeit aber auch mit ein paar ausdrucksstarken Vocals. Das Energielevel ist am Anschlag und wenn dieses Stück nicht auf dem selben hohen Niveau einzuordnen ist, wie so mancher, von Queen inspirierter Savatage Song früherer Jahre, dann weiß ich es auch nicht. Arjen Lucassen spricht dann wieder ein paar Worte der Einleitung zur Melodic-/Power Metal Granate „Brand New Start“. Die Vers-Passage ist zunächst noch im ruhigen Fahrwasser unterwegs, es gibt auch ein paar schöne Piano und Streicher Klänge als Begleitung. Allmählich baut sich die Energie des Songs auf, auch wenn sich weiterhin, die klassischen Metal Instrumente zurück halten. Der Übergang zum Refrain liefert dann aber die endgültige Wende und wir sind mitten drin, in der nächsten Metal-Hymne, bei der Marco Pastorino auch stimmlich, einen guten Anteil hat. Die Gesangsmelodie beim Chorus erinnert mich tatsächlich ein bisschen an die deutschen Power Metaller Victorius. Aber keine Sorge, es wandern hier keine Ninjas, Mammuts oder Dinos nach „Hermitage“ ein. Es ist nur die Vocalline beim Refrain, in Kombination mit den Backings. Üblicherweise gehören Balladen ja eher zu den längeren Stücken, hier ist es exakt umgekehrt. „Where We Belong“ ist mit Abstand das kürzeste Lied des Albums (knapp 3 Minuten). Dies macht es aber nicht weniger intensiv und emotional. Die Begleitmusik ist schwer, mit schönen Streichern und feinen Piano-Klängen. Die Vocals teilen sich Kristin Starkey und Michele Guaitoli. Es gibt aber auch einige Passagen, wo durch die Backings ein noch größeres Stimmvolumen erzeugt wird. Obwohl das Lied eine Ballade ist, kommt einem dennoch, eine große Ladung Energie aus den Kopfhörern entgegen. „Full Of Memories“ startet wieder mit ein paar einführenden Worten von Arjen Lucassen. Die Nummer beginnt durchaus kraftvoll und wuchtig, ist aber trotzdem erst mal noch etwas verhalten, jedoch mit opulenten Backing-Chören inszeniert. Marco Pastorino nimmt dann stimmlich, zunächst mal das Heft in die Hand. Die Rhythmus-Abteilung um Luca Negro und Marco Sacchetto übernimmt instrumental die Führung. Überhaupt ist es hier recht spannend zu erleben, wie vielseitig die Instrumentierung im Hintergrund agiert, zu einer eher getragenen Vocalline. Das Tempo ist meist in der Mitte zu Hause, jedoch mit so manchem Ausreißer nach oben und unten, unter anderem auch durch gut eingebaute Breaks. Der Refrain geht super ins Ohr, natürlich mehrstimmig und ja, auch mit ein paar traditionellen Tonfolgen, früherer Temperance Alben. Zum Ende dieses denkwürdigen Meisterwerkes, gibt es mit „Cliff“ noch das musikalische Prunkstück zu erleben, im XL Format, mit knapp 8 Minuten Länge. Hier spielt bzw. singt Alessandro Conti wieder eine tragende Rolle und macht dies mit viel Glanz und großer Stärke. Die Spannung baut sich langsam aber sukzessive auf. Es gibt ein paar wunderbare Streicher-Parts zu genießen. Es folgt ein kraftvoller Übergang, mit instrumentaler und stimmlicher Power und Präsenz. Es wird einmal mehr, ganz hervorragend mit dem Tempo gespielt, was für viel Abwechslung und eine gute Dramaturgie sorgt. Die zentralen Highlights sind der mehrstimmige Chorus, der ganz eindeutig Avantasia Format hat, dazu eine wirklich herausragende Gitarren-Arbeit von Marco Pastorino, im Besonderen beim Mittelteil, wo er einen langen Solo-Part spielt. Natürlich kommen auch zum Ende des Albums nochmal die stimmlichen Stärken von Michele Guaitoli und Kristin Starkey voll zum Zug. Speziell die US-Amerikanerin kann beim finalen Track der Scheibe, eine ihrer charismatischsten Leistungen abrufen. Das letzte Wort bei diesem bombastischen Symphonic-/Power Metal Mega-Hit, hat dann aber wieder Arjen Lucassen, der uns inhaltlich, thematisch, aus der Traumwelt heraus, zurück in die Realität führt.

Temperance haben sich in all den Jahren ihres Bestehens (seit 2013) und der Veröffentlichung ihres selbstbetitelten Debüts in 2014, von Album zu Album gesteigert. Sie sind musikalisch, kompositorisch gereift und haben sich auch mit den Personalwechseln, sukzessive weiterentwickelt. Waren speziell die letzten drei Alben („Of Jupiter And Moons“, „Viridian“, „Diamanti“) schon grandiose, absolut herausragende Genre-Highlights, so haben die Italiener mit „Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“, noch mal einen riesigen Sprung gemacht! Dieses epische Meisterstück, gehört zweifelsohne zu den größten und gewaltigsten Veröffentlichungen, die das Symphonic-/Melodic-/Power Metal Genre je hervorgebracht hat! Und dies, ich sage es voller Stolz und Begeisterung, hat mir die bislang längste Review abverlangt, die ich je geschrieben habe. Meinen aller herzlichsten Glückwunsch an die Musiker von Temperance und all die tollen Gäste, die auf „Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“ mitgewirkt haben. Ihr seid nun alle Teil eines legendären Albums! Release Day ist der 20.10.2023!

 

Band

Kristin Starkey (Gesang)
Michele „Meek“ Guaitoli (Gesang)
Marco Pastorino (Gitarre, Gesang)
Luca Negro (Bass)
Marco Sacchetto (Schlagzeug)

Gäste

Fabienne Erni (Gesang Track 4, 7)
Laura Fella (Gesang Track 4,7)
Alessandro Conti (Gesang Track 8, 14)
Arjen Lucassen (Erzählung Track 1,7,10,11,13,14)
Daniele Mazza (Orchester-Arrangements)

Titel

  1. Daruma
  2. Glorious
  3. A Hero Reborn
  4. Welcome To Hermitage
  5. No Return
  6. In Search Of Gold
  7. Join Me
  8. Trust No One But You
  9. Darkness Is Just A Drawing
  10. Into The Void
  11. Brand New Start
  12. Where We Belong
  13. Full Of Memories
  14. Cliff
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