Die italienischen Hardrocker Edge Of Forever haben sich für ihr neues Werk „Ritual“ nur gut anderthalb Jahre Zeit gelassen. Die Band um Multiinstrumentalist und Songwriter-Genie Alessandro del Vecchio, weiß auch mit ihrem neuesten Album absolut zu überzeugen und fügt ein weiteres Highlight ihrer Vita hinzu. 8/10

Edge Of Forever blicken mittlerweile auf eine über 20-jährige Bandgeschichte zurück, die schon so manchen Hit zutage gefördert hat. Nach mehrjähriger Pause wagte die Band, nicht lange vor der Corona Pandemie, einen Neustart. Seit dem ist das Quartett aktiver als jemals zu vor. „Native Soul“ (2019) und vor allem das letztjährige, bislang stärkste Album „Seminole“, sind schlagende Beweise für ein brillantes Comeback. Die Italiener haben zwischen der letzten Scheibe und ihrem neuen Werk „Ritual“, auch ihren Backkatalog neu aufgelegt. Edge Of Forever zeigen wirklich eine große Präsenz. Natürlich ist der Antrieb für alle Aktivitäten mit der Band, Mastermind, Multiinstrumentalist, Songwriter und Produzent Alessandro del Vecchio. Auch wenn das italienische Allround Talent in den vergangenen Monaten nicht immer hundertprozentig fit war, hat er doch eine ganze Menge auf die Beine gestellt. Für Frontiers Records hat er wieder viele Projekte betreut, produziert und war auch bei einigen selbst als Musiker vertreten. Zudem waren Edge Of Forever auch „live“ ziemlich aktiv, mit über 30 Shows. Unter anderem, zusammen mit FM oder den wieder erstarkten US Legenden Skid Row. Aber auch ein paar Festival Auftritte wurden von den Fans frenetisch gefeiert. Das unlängst erschienene, neue Album „Ritual“ ist aber entgegen früherer Scheiben, durchaus in Gemeinschaftsarbeit entstanden. Dies mag durch die eben genannten Umstände so geschehen sein, viel mehr ist es aber wohl der Tatsache geschuldet, dass sich personell gesehen, eine stabile, beständige Bandbesetzung zusammen gefunden hat. Denn „Ritual“ ist in der gleichen Formation entstanden, wie auch schon der Vorgänger „Seminole“. Alessandro del Vecchio ist dabei wie üblich, für Gesang, die Keys und die Arrangements zuständig gewesen, Aldo Lonobile (u.a. Secret Sphere) hören wir an der Gitarre, Nik Mazzucconi (Sunstorm, Labyrinth) am Bass und Hardline Schlagzeuger Marco di Salvia sorgt für die nötige Power aus dem Hintergrund. Das schlichte aber dennoch ausdrucksstarke Cover Artwork, stammt von dem bekannten Künstler Stan W. Decker, veröffentlicht wurde „Ritual“ natürlich über Frontiers Records. Auch das neue Album beinhaltet wieder ein durchgehendes, thematisches Konzept. Hier geht es um zwei Kinder, Zwillinge, die letzten beiden ihrer kulturellen Herkunft, ein Junge und ein Mädchen. Sie werden voneinander getrennt und sollen sowohl ihre Sprache, als auch ihre Wurzeln vergessen. Sie wachsen in komplett anderen Kulturkreisen auf. Das Vorhaben misslingt, auch die Sehnsucht ist zu groß. Schlussendlich ist das komplette Leben der Kinder damit gefüllt, den jeweils anderen zu finden und endet schließlich an seinem Sterbebett. Die einzelnen Stücke behandeln unterschiedliche Phasen dieser sehr vielseitigen und emotional geprägten Geschichte. Das gut 45-minütige Album beinhaltet insgesamt 13 Stücke, von denen alleine 7 Songs, das gigantische, mehr als 21 Minuten lange Titelstück „Ritual“ bilden.

Los geht es mit einem straighten Rocker namens „Where Are You“, zu dem es auch schon bewegtes Bildmaterial gibt. Ein der Story geschuldeter, ziemlich düster Auftakt, bei dem sowohl die schweren Riffs von Aldo Lonobile, als auch die satten Rhythmen aus der Hand von Drummer Marco di Salvia und Tieftöner Nik Mazzucconi, entscheidende und prägende Rollen spielen. Alessandro del Vecchio zeigt sich stimmlich von seiner stärksten Seite, egal ob beim getragenen Vers-Teil oder beim sehr energiegeladenen Refrain. Eine tolle Nummer zum Start, die auch sehr schnell und nachhaltig, den Weg in die Gehörgänge findet. „Water Be My Path“ kommt mit gedrückter Stimmung rüber, mit starkem Spannungsaufbau, nach sanftem Beginn. Neben einer brillanten Gesangsdarbietung, glänzt Alessandro del Vecchio hier auch immer wieder mit tollen, klassischen Arrangements und einigen Highlight-Momenten am Keyboard. Aldo Lonobile setzt dem ganzen noch ein schönes Solo oben drauf. „Free My Will“ ist ein kraftvoller Uptempo-Track, mit fetten Riffs und einer sehr druckvollen Vorstellung von Nik Mazzucconi und Marco di Salvia an ihren Instrumenten. Hier sind auch sehr deutlich Akzente aus dem Melodic- wenn nicht sogar Power Metal zu erkennen. Ein echter Höhepunkt ist ein etwas verspielter Instrumental-Teil in der Mitte, der im Besonderen die Gitarren und Ale’s Keyboard Fähigkeiten ins Rampenlicht stellt. Ein Video wurde dazu unlängst auch schon ins Netz gestellt. „The Last One“ kommt als lupenreiner Riff-Rocker daher, der aber auch durchaus ein paar hymnische Momente offenbart, vordergründig, beim opulenten, durchaus stimmungsvoll wirkenden Chorus. „Love Is The Only Answer“ ist eine wundervolle Ballade, bei der sich ganz speziell Alessandro del Vecchio vielseitig auszeichnen kann. Schöne Piano/Keyboard Einleitung, gefolgt von emotional geprägten, durchaus melancholisch nuancierten Vocals. Sehr sanft aber auch charismatisch, wie das italienische Multitalent hier agiert. Zum Refrain hin wird das Lied dann deutlich klangintensiver, die Instrumente kommen verstärkt mit dazu. Es entsteht eine erhabene Wirkung und legt in der Kombination mit den überragenden Vocals, den Grundstein für ein bisschen Gänsehaut. Aldo Lonobile bekommt auch bei dieser Ballade, ausreichend Platz für ein schönes Solo. „Forever’s Unfolding“ zieht das Tempo dann wieder deutlich an. Flott, mitunter auch mal wild, treibt das Stück voran. Die Instrumentierung steht hier klar im Fokus, ist sehr facettenreich umgesetzt und dazu kommen noch ein paar schöne Arrangements, die für Volumen und Akzente sorgen. Nun folgt das 7-teilige Titelstück „Ritual“, das mit kompletten Songs aber auch verschiedenen, kürzeren Intermezzi aufwartet. „Ritual“ ist fraglos eine kompositorische Spielwiese, der kaum Grenzen gesetzt waren. Wesentliche Merkmale und dies gilt vorwiegend für die vier kompletten Stücke „Ritual Pt. I“, „Pt.II“, „Pt. III“ und „Pt. V“, sind eine stark gitarrenorientierte Herangehensweise. Die Songs sind auch oftmals wuchtig in ihrem Erscheinungsbild, mit kraftvoller Rhythmus-Fraktion und durchaus mal mit ein paar progressiven Akzenten komponiert und dargeboten. Es kommen viele brillante Keyboard-Parts dazu, manche mit Orgel-Klängen. All dies zusammen, lässt in seiner Gesamterscheinung, auch Einflüsse aus der Rockmusik der 70er Jahre erkennen. Stimmlich lässt sich ebenfalls so manches entdecken. Neben kraftvollen und ausdrucksstarken Refrains, gibt es einige a cappella Passagen zu hören, die mitunter sogar einem Kanon ähneln. Zu erleben bei Pt. III und IV. Sehr schön ist auch „Pt. VI  Cross My Eyes“. Ein kurzes Piano Stück, das einen düster und traurig agierenden Alessandro del Vecchio zeigt. Wenn auch nur kurz, dennoch sehr intensiv, speziell im Gesamtkontext, dieses 21-minütigen, 7-teiligen Kunstwerkes, innerhalb des großen Gesamtkunstwerkes.

Edge Of Forever etablieren sich immer mehr als unverzichtbare Größe im Hardrock Genre, sowohl mit ihrer stetig wachsende Präsenz, als natürlich auch, durch die großartige Musik. Speziell durch den Konzept-Charakter der hinter den letzten Alben steckt und die durchaus tiefgründigen Themen, hebt man sich ein Stück weit von der breiten Masse ab. Wenngleich mir persönlich das Vorgänger-Album „Seminole“ einen kleinen Tick besser gefallen hat, habe ich dennoch größten Respekt vor dem neuen Werk „Ritual“ und viel Freude daran. Es sind sehr viele Stücke dabei, die sich sofort im Ohr festsetzen und die das große musikalische und kompositorische Talent von Edge Of Forever, einmal mehr unter Beweis stellen. Herzlichen Glückwunsch an Alessandro del Vecchio und seine Band, zu einem hervorragenden neuen Album.

Band

Alessandro del Vecchio (Gesang, Keyboard)
Aldo Lonobile (Gitarre)
Nik Mazzucconi (Bass)
Marco di Salvia (Schlagzeug)

Titel

  1. Where Are You
  2. Water Be My Path
  3. Freeing My Will
  4. The Last One
  5. Love Is The Only Answer
  6. Forever’s Unfolding
  7. Ritual Pt. I
  8. Ritual Pt. II Revert Destiny
  9. Ritual Pt. III Taunting Souls
  10. Ritual Pt. IV Baptized In Fire
  11. Ritual Pt. V Ride The Wings Of Hope
  12. Ritual Pt. VI Cross My Eyes
  13. Ritual Pt. VII Reconciliation
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