Kein anderes Land auf unserer Erde, hat in den letzten Jahren so viele hochkarätige Melodic Rock Bands hervorgebracht, wie Schweden. Eine der stärksten und ambitioniertesten Gruppen darunter, sind zweifelsohne Rian, die mit ihrem 3. Album „Wings“ ein echtes Statement abgeben! 9/10

Rian haben erstmals 2017 auf sich aufmerksam gemacht, als sie ihr großartiges Debüt „Out Of The Dark“ veröffentlicht haben. Damals noch Label unabhängig aber bereits in enger Zusammenarbeit mit Produzent und Allround-Musiker Daniel Flores (u.a. Find Me, The Murder Of My Sweet), den man durchaus, als eine Art Mentor der aufstrebenden, schwedischen Melodic-/Hardrock Band bezeichnen kann. Die folgenden Jahre waren mit Songwriting gut ausgefüllt und so konnten sich Rian, vielleicht auch mit Hilfe des angesehenen chilenischen Musikers und Produzenten, einen Deal bei Frontiers Records ergattern. Die ersten Früchte dieser Zusammenarbeit mit dem italienischen Label, konnten dann im Sommer 2021 geerntet werden, mit der Veröffentlichung des überragenden Zweitwerks „Twenty-Three“. Auch dabei war Daniel Flores wieder als Produzent im Einsatz und hat den Songs, die zu großen Teilen von Sänger und Gitarrist Richard Andermyr komponiert wurden, den finalen Schliff verpasst. Auch für das neue Album „Wings“, war der schwedische Frontmann und Gitarrist der federführende Songwriter. Man kann nur sagen, das ist schlichtweg brillant, was der talentierte Musiker da wieder aus dem Hut gezaubert hat. Natürlich hat Richard Andermyr das alles nicht ganz alleine bewerkstelligt. Sowohl musikalisch, als auch von der kreativen Seite her betrachtet, hat er ein paar großartige Mitstreiter an Bord, mit denen er Rian auch gemeinsam aufgebaut hat. An der Lead-Gitarre hören wir Tobias Jakobsson, der mit seinem filigranen Spiel zu begeistern weiß. Die schlagkräftige Rhythmus-Abteilung setzt sich aus Basser Jonas Melin und Drummer Jan Johansson zusammen. Für die Keys haben sich Rian die Dienste des international sehr renommierten Tastenvirtuosen Eric Ragno gesichert, der schon mit vielen Bands und Größen des Genres im Studio zusammen gearbeitet hat oder auf der Bühne gestanden ist. (u.a. Alice Cooper, Paul Stanley, Ted Poley, First Signal, Takara) Dies ist aber nur ein kleiner Auszug seiner Kooperationen. Insgesamt ist der US-Amerikaner bereits auf mehreren Dutzend Scheiben zu hören. Die Erfahrung und das große künstlerische Talent von Eric Ragno ist auf „Wings“ allgegenwärtig und macht das Album noch ein gutes Stück größer, als es ohnehin schon ist. Außerdem sorgt die Zusammenarbeit sicher auch für ein bisschen mehr internationale Reputation. Das bringt mich dann auch gleich zum nächsten US Amerikaner, der an der Entstehung von „Wings“ maßgeblich mit beteiligt war, nämlich Dennis Ward (u.a. Pink Cream 69, Khymera). Der vielseitig begabte Musiker und Produzent, hat „Wings“ gemixt, dabei einen herausragenden Job gemacht und noch ein bisschen frischen Wind in die Produktion mit eingebracht. Das Album wirkt unglaublich gut ausgewogen, verfügt über eine sehr große Ausdrucksstärke und stellt auch die Instrumente stets perfekt in Szene, ganz besonders die Gitarren. Die Basis dafür sind natürlich die absolut grandiosen Kompositionen, die mit einem außergewöhnlich guten Gespür für Melodien aber auch sehr kraftvollen Gitarren-Läufen erschaffen wurden. Gerade diese Mischung aus typisch schwedischem Melodic Rock und dem traditionellen AOR und Hardrock wie er in den späten 80ern gespielt wurde, ist hier die Kirsche auf der Torte oder wem es besser gefällt, das Salz in der Suppe. Somit ist der Sound von Rian stets druckvoll, sehr oft auch riffbasiert, gepaart mit satter Rhythmus-Power, was das Energielevel immer hoch hält, selbst bei ruhigeren Passagen. „Wings“ ist ein rundum gelungenes Meisterstück, das mit knapp 50 Minuten Spielzeit, verteilt auf 11 Songs, einen ausgedehnten Hörspaß bietet. Auch die äußere Erscheinung ist sehenswert und rundet das Gesamtpaket ab. Hier hat Nello Dell’Omo mit großer, künstlerischer Finesse, ein tolles Cover-Artwork beigesteuert. Kommen wir aber nun zur Musik, zu der es durchaus einiges zu erzählen gibt.

Den Anfang macht „Carry My Wings“, ein sehr energiegeladener Auftakt, mit einer unglaublich eingängigen Melodieführung. Rian werfen gleich beim Opener alles in die Waagschale, was sie als Band ausmacht und auch was ihre Musik so eindrucksvoll erscheinen lässt. Super Lead-Gitarre von Tobias Jakobsson, dazu die satten Riffs und tollen Vocals von Richard Andermyr, getragen auf einem wunderbaren Klangteppich aus den Keys von Eric Ragno. Das Stück schallt mit einer ordentlichen Power aus den Kopfhörern, dafür sorgen Tieftöner Jonas Melin und Schlagzeuger Jan Johansson. Die Vocalline ist sehr abwechslungsreich, der Refrain, ein Ohrwurm der Extraklasse, mit durchaus opulenter Erscheinung. Ein mega Einstieg, zu dem es auch schon bewegtes Bildmaterial gibt. Gleiches gilt für „We Ride“, das insgesamt ein bisschen wuchtiger wirkt. Trotz der starken Keys, ist das Lied eher gitarrenlastig und vermittelt einen schönen Rock ’n‘ Roll Groove. Der Songaufbau ist super gelungen und stellt somit auch den getragenen, etwas schwer wirkenden Chorus, sehr gut ins Zentrum. Wie bei jedem Stück, glänzt auch hier Tobias Jakobsson mit einem grandiosen Solo, das dem Saitenvirtuosen, viel Freiraum zur Entfaltung gibt. Für meinen Geschmack gehört der Schwede zu den stärksten und filigransten Gitarristen der skandinavischen Rock Szene. Etliche, weitere Beweise für die These, befinden sich auf diesem Album! „Don’t Wait For The Fire“ startet ein wenig unheilschwanger und mystisch. Richard Andermyr zeigt sich zunächst von seiner sanften Seite und mit sehr viel Charisma. Das vielseitige Stück nimmt dann Fahrt auf. Ruhigere und schnellere Sequenzen wechseln aber auch in der Folge immer mal wieder, was das Hörvergnügen stets am Limit hält. Natürlich gibt es auch wieder einen großartigen Refrain, inklusive starker Backing-Vocals. Da stecken ziemlich viele 80er AOR Gene mit drin. „Dance The Night Away“ würde ich zu meinen absoluten Top-Favoriten zählen. Bis zum ersten Chorus ist das Stück sehr balladesk, geprägt von den schönen Keys von Eric Ragno und der brillanten Lead-Gitarre von Tobias Jakobsson. Richard Andermyr agiert gefühlvoll, mit seiner leicht angerauten, fast schon rauchigen Stimme, die ihn so außergewöhnlich macht. Der erste Refrain ist intensiv und mit viel Tiefgang. Danach kommt die volle instrumentale Kraft dazu, auch Jonas Melin und Jan Johansson können sich gut hervorheben. Das Stück ist nun deutlich stimmungsvoller und wirkt, auch was die Vocals angeht, fast schon erhaben. Das Gitarren-Solo ist wieder einmal nicht von dieser Welt. „War Is Over“ schraubt die Power dann ein ganzes Stück nach oben. Ein sehr druckvoller Hardrock Kracher, bei dem vor allem Drums, Bass und die Riffs im Mittelpunkt stehen. Gesang und Lyrics sind ausdrucksstark und wirken ziemlich eindringlich. Das Stück hat auch eine ganz leichte moderne Prägung. Mit fröhlicher und deutlich gelockerter Grundstimmung kommt „Look At The Stars“ rüber. Der Spannungsaufbau ist ausgezeichnet gelungen. Der Song nimmt nach und nach, immer mehr Energie auf, die sich in dem fast ein bisschen verträumt wirkenden Refrain, sehr schön entlädt. Stimmlich ist das ganz großes Kino, auch die Instrumentierung ist sehr stimmig und setzt sich durch tolle Melodien gut in den Gehörgängen fest. Die Nummer ist vielleicht nicht spektakulär aber hat einen ziemlich hohen Suchtfaktor. „One In A Million“ kann man als Halbballade titulieren, mit oftmals halbakustischer Begleitung. Der Anfang ist ruhig und auch ein bisschen schwer. Die Steigerung findet gut spürbar aber dennoch eher im Hintergrund statt. Der Chorus hat eine leicht melancholische Ausstrahlung. Im Verlauf wird das Lied aber durchaus ein gutes Stück intensiver, auch das obligatorische Gitarren-Solo, setzt einen Highlight-Moment. Sattes Riffing und eine filigrane Lead stellen die Basis für „On The Wind“. Eine Nummer die man sich auch auf einem Bonfire Album in den 80er Jahren gut hätte vorstellen können. Eric Ragno brilliert hier einmal mehr mit starkem Keyboard Spiel. Der Refrain ist erneut sehr eingängig und schallt mit viel Volumen und erhabener Größe aus den Boxen. Hervorzuheben ist auch noch die Schlussphase, die nach dem schneidenden Gitarren-Solo, mit einer ruhigen Vocal-Bridge eingeläutet wird und sich dann mit voller stimmlicher und instrumentaler Power präsentiert. Mit „When You’re Gone“ ist nun der Rock ’n‘ Roll Groove noch einmal zurück gekehrt. Der Vers-Teil ist zwar etwas sparsamer instrumentiert, der Spannungsbogen wird aber zusehend straffer. Im Besonderen ist bei dieser Nummer die Gitarren-Performance herauszustellen, die von Tobias Jakobsson und Richard Andermyr sehr facettenreich und ideenreich umgesetzt wird. Ist „The Silence Of Our Dreams“ nun eine Piano-Ballade? Ja und Nein. Natürlich steht das Piano/Keyboard-Spiel von Eric Ragno oft und dominant im Mittelpunkt aber dennoch ist das Energielevel des Songs ziemlich hoch und es gibt auch viele starke Gitarren-Passagen, mitunter sogar leicht bluesig nuanciert. An mancher Stelle erinnert mich das an Bon Jovi Balladen aus den früheren und mittleren 90ern. Gesanglich ist das eine unglaubliche Darbietung von Richard Andermyr, der alles aus sich herausholt, sowohl was die Emotionalität, als auch die Ausdrucksstärke angeht. Eine absolut geniale Ballade! A propos genial! Leider kommen wir schon zum Ende unserer Entdeckungsreise durch die Klangwelt von „Wings“ aber zum Abschluss gibt es nun tatsächlich den allergrößten und genialsten Hit dieses Albums! „Eternity“ ist eine Melodic Rock Hymne für die Ewigkeit, bei der wirklich alles zu 100% perfekt ist! Großartige, virtuose Keys von Eric Ragno, super Gitarren-Läufe von Tobias Jakobsson und Richard Andermyr, angetrieben von den sehr druckvoll agierenden Jonas Melin und Jan Johansson an Bass und Schlagzeug. Ein echtes Kraftpaket, das aber auch gleichermaßen über eine unwiderstehliche Melodieführung verfügt, sowohl instrumental, als auch von der Gesangslinie her. On top gibt es dann noch ein echtes Monster von einem Refrain! Unmöglich, diesen wieder aus dem Ohr zu bekommen! Klangtechnisch kann man hier auch die Arbeit von Produzent/Mixer Dennis Ward ganz gut heraushören, denn die Nummer könnte, so wie sie hier klingt, auch auf einem Khymera Album einen Platz finden. Mit einem tollen Schlussspurt überqueren der Song und das Album die Ziellinie und hinterlassen eine jubelnde und begeisterte Schar an Zuhörern!

Wer Rian bislang nicht kannte, sollte dies nun dringend ändern! Für mich gehören sie zu den interessantesten und talentiertesten Bands der europäischen Melodic-/Hardrock Szene. Mit Hit-Alben wie „Twenty-Three“ oder dem neuen Meisterwerk „Wings“ im Gepäck, könnten sich bald viele Türen öffnen. Die Schweden haben alles was es braucht, um sich in dem immer weiter wachsenden Genre, langfristig zu etablieren. Sie schaffen es, ihrem Sound eine individuelle Note zu geben und können auf Grund der sehr kraftvollen Instrumentierung, auch außerhalb des reinen Melodic Rocks, sicherlich viele Fans für sich gewinnen. Herzlichen Glückwunsch an die Musiker von Rian zu einem fantastischen neuen Album und herzlichen Dank dafür, dass ihr der Welt diese außergewöhnliche Scheibe geschenkt habt! Für Genre Fans ist „Wings“ definitiv eine Pflichtlektüre!

Band

Richard Andermyr (Gesang, Gitarre)
Tobias Jakobsson (Gitarre)
Jonas Melin (Bass)
Jan Johansson (Schlagzeug)

Gast

Eric Ragno (all Keyboards)

Titel

  1. Carry My Wings
  2. We Ride
  3. Don’t Wait For The Fire
  4. Dance The Night Away
  5. War Is Over
  6. Look At The Stars
  7. One In A Million
  8. On The Wind
  9. When You’re Gone
  10. The Silence Of Our Dreams
  11. Eternity
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