Knapp 4 Jahre nach ihrem umjubelten Debüt, hat die Schweizer Band Illumishade nun den Nachfolger fertiggestellt. „Another Side Of You“ offenbart ein paar stilistische Anpassungen und gleichermaßen, eine erkennbare Weiterentwicklung der hochambitionierten Modern Melodic Metal Band! 8,5/10

Die in 2019 von den beiden Eluveitie Musikern Fabienne Erni (Gesang, Piano) und Jonas Wolf (Gitarre) gegründete Band, hatte einen grandiosen Auftakt hingelegt, zumindest in der Theorie. Mit „ECLYPTIC: Wake Of Shadows“ hatte die Schweizer Band im späten Frühjahr 2020 ein super Debüt am Start, das von Fans der Melodic und Symphonic Metal Szene gefeiert wurde. Leider war die Veröffentlichung in der ersten Hochphase der Corona Pandemie, somit war dann die einzige Möglichkeit einer Live-Präsentation dieses tollen Albums, ein virtuelles Konzert, ohne Live-Publikum vor Ort. Angenommen wurde das Event aber trotzdem gut. Die 5 Schweizer mussten sich dann noch eine ganze Weile lang in Geduld üben, was sie mit dem Erschaffen neuer Musik kompensiert haben. In den letzten beiden Jahren konnte man dann „live“ schon ein bisschen was nachholen und endlich häufiger auf die Bühne gehen. Dies dann bereits mit dem einen oder anderen neuen Song im Programm. Unter anderem als Support von Ad Infinitum und sogar des Öfteren, als Opening Act für Delain. Illumishade kommen nun so richtig gut ins Rollen, mit ihrem neuen Album „Another Side Of You“ im Gepäck und einer Nordamerika Tour mit Korpiklaani und Visions Of Atlantis. Letztere dürfen die Schweizer dann auch im Herbst auf deren Europatour begleiten, wo das kommende VoA Album „Armada“ vorgestellt wird. Ein weiterer großer Schritt für Illumishade war natürlich auch die Vertragsunterzeichnung bei Napalm Records, die ihnen wohl in vielerlei Hinsicht, eine ganze Menge Türen geöffnet hat und auch noch öffnen wird. Ein großes Plus für die musikalische und gemeinsame Weiterentwicklung ist ganz sicherlich die Beständigkeit im Bandgefüge. Illumishade treten auch auf ihrem neuen Werk mit der gleichen Besetzung an, die bereits das Debüt zu einem großen Highlight gemacht hat. Hier die Kurzvorstellung. Wie eingangs schon angedeutet, erleben wir eine weitere stimmliche Meisterleistung von Fabienne Erni, die fraglos zu den charismatischsten und eindrucksvollsten Sängerinnen der aktuellen Zeit gehört. Zudem ist die studierte Musikerin auch eine wundervolle Pianistin. Mit grandiosen Riffs und tollen Lead-Gitarren Melodien überzeugt einmal mehr Jonas Wolf. Am Bass, mit vielen starken Passagen und auch etlichen Songwriter-Credits, hören wir Yannick Urbanczik. Mit kraftvollem, sehr facettenreichem Schlagzeug-Spiel begeistert Marc Friedrich. Die zweite Dame an Bord von Illumishade ist Mirjam Skal, die, wie gewohnt, für Synths/Keys und Orchestrierung zuständig war. Die Produktion haben die allesamt hervorragend ausgebildeten Musiker von Illumishade, zu großen Teilen selbst übernommen. Den Mix haben sie in die versierten Hände von Joost van den Broek gelegt. Gemastert wurde „Another Side Of You“ von Dan Suter. Sicher ist euch aufgefallen, dass Illumishade auch ein neues Band-Logo haben, dieses wurde von Chris Rörland designed, das komplette Artwork stammt aus der talentierten Hand von VadimVidickOjog (Infected Rain). Kommen wir nun langsam zur Musik und da gibt es bei 14 Songs, die sich auf eine knappe Stunde Spielzeit verteilen, schon eine Menge zu entdecken. Ich empfehle wie so oft, den Genuss mit Kopfhörern, um die vielen Details besser heraushören zu können.

Ich erwähnte ja schon ein paar stilistische Anpassungen und die erkennbare Weiterentwicklung, was sich neben dem Songwriting an sich, auch durchaus beim recht modernen Klang einiger Stücke zeigt. Was auch beim Debüt schon oft ein Thema war, ist bei „Another Side Of You“ noch sehr viel deutlicher zu hören, nämlich der prägende Kontrast zwischen den teils wirklich kraftvollen, sehr modern und hart anmutenden Riffs von Jonas Wolf und der oftmals sanftmütigen, glasklaren, gelegentlich auch mal ganz bewusst zerbrechlich wirkenden Stimme von Fabienne Erni. Sie arbeitet damit so unglaublich facettenreichen und nutzt all ihre Fähigkeiten, um selbst harten Passagen, mit großer Emotionalität zu begegnen. Das ist eine ganz große, fast einzigartige Kunst, die Stimme so sanft und filigran einzusetzen und dennoch immer kraftvoll zu wirken. Beste Beispiele für die vorangegangenen Ausführungen sind Songs wie die Video-Releases „Elegy“ und „Enemy“, die aktuelle Single „Riptide“, das außergewöhnliche „Twily“ oder auch das epische, unglaublich facettenreich instrumentierte „Cyclone“. All diese Stücke eint dann auch ein erhabener Refrain, der mitunter sogar hymnische Ausstrahlung besitzt. Ganz besonderes stark sind Illumishade auch bei Mid-Tempo Songs, die häufig von eingängigen Melodiebögen begleitet werden und mit sehr schönen Arrangements verfeinert wurden. Allen voran kommen da meine Favoriten „In The Darkness“, das traumhafte, tiefgehende „Here We Are“ oder die etwas kraftvollere Nummer „Hymn“, die ihren Titel absolut zurecht bekommen hat. Bei Illumishade ist es noch niemals um die Härte gegangen, es ging immer um die Musikalität, die kompositorische Finesse und die Ausdrucksstärke der einzelnen Lieder. Somit ist es nicht überraschend, dass sich auf dem neuen Album auch einige ruhige Stücke finden lassen, bei denen man der Emotionalität aber auch dem Ideenreichtum, freien Lauf lässt. Zum einen begeistert mich da das durchaus etwas poppig anmutende „Cloudreader“, zum anderen gibt es da noch das wunderbare „Hummingbird“, das über weite Strecken, so sanft und zerbrechlich wirkt, wie der titelgebende Zwergvogel, ehe dann zum Ende noch ein paar schwere Riffs dazu kommen. Die schönste Ballade des Albums und vielleicht sogar einer der größten Hits, den Illumishade bislang veröffentlicht haben, ist „Fairytale“. Ein Song den man sich auch auf dem Debüt schon gut hätte vorstellen können. Hier fügt er sich aber ebenfalls super ein. Mit toller Melodieführung und einer ganzen Reihe an Gänsehaut-Momenten, entführt der Song den Zuhörer in eine märchenhafte, melancholisch geprägte Traumwelt. Das Album endet mit dem vielleicht außergewöhnlichsten Stück, das sicherlich auch das mutigste ist. Auf jeden Fall ein echter und unverzichtbarer Album-Höhepunkt! Die Piano-Ballade „Verliebt“ wird von Fabienne Erni im heimischen Dialekt vorgetragen, also auf Schweizerdeutsch und dies natürlich mit viel Gefühl und noch mehr Ausstrahlung. Auch hier muss man sich nicht der aufkommenden Gänsehaut schämen. Begleitet wird die Ausnahme-Sängerin dabei am Klavier von Gastmusiker Coen Janssen von Epica. Das Lied hat natürlich mit Metal nicht viel zu tun aber es spiegelt wunderbar die Vielseitigkeit und den Charme wider, mit dem Illumishade ihre Musik kreieren. Es ist auch ein guter Beleg dafür, dass sie sich keinerlei stilistischen Grenzen und Schemen unterwerfen wollen!

Illumishade werden sich mit ihrem neuen Album sehr schnell als feste Genre-Größe etablieren. Die sympathische Band aus der Schweiz überzeugt nicht nur durch ihr musikalisches Können, sondern auch durch den grenzenlosen Facettenreichtum beim Komponieren. Dies öffnet ihnen den Weg in die Herzen von einer großen Zahl an Fans der unterschiedlichsten Sub-Genres des Heavy Metal. Mit dem einen oder anderen Song, erreicht man vielleicht sogar Musikliebhaber außerhalb des Metal. Herzlichen Glückwunsch an Illumishade zu „Another Side Of You“, einem sehr eindrucksvollen 2. Album, das schon heute die Vorfreude auf weitere Großtaten weckt.

Band

Fabienne Erni (Gesang, Piano)
Jonas Wolf (Gitarre)
Yannick Urbanczik (Bass)
Marc Friedrich (Schlagzeug)
Mirjam Skal (Synths/Keys, Orchestrierung, Arrangements)

Titel

  1. Enter The Void
  2. Elegy
  3. Enemy
  4. In The Darkness
  5. Cloudreader
  6. Here We Are
  7. Cyclone
  8. Fairytale
  9. The Horizon Awaits
  10. Hymn
  11. Twily
  12. Riptide
  13. Hummingbird
  14. Verliebt (feat. Coen Janssen)
Tagged with →  
Share →

Schreibe einen Kommentar