Es gibt nur wenige Bands die den Spirit des Hair Metal der späten 80er, so authentisch in die heutige Zeit transportieren, wie es die englischen Glam/Melodic Rocker Midnite City tun. Mit ihrem neuen Album „In At The Deep End“, werden sie sich in die Herzen vieler Genre-Fans spielen können. Nicht wenige, werden dieses Meisterstück zu den ganz großen musikalischen Highlights des Jahres 2023 zählen. 9,5/10

Tatsächlich wurden Midnite City erst vor 6 Jahren gegründet, dennoch ist die bisherige Vita schon ziemlich gut gefüllt. Bandgründer, Sänger, Gitarrist und Hauptsongwriter Rob Wylde blickt mit seiner Truppe inzwischen auf vier Studio-Alben und eine 5-Track EP zurück und kann mächtig stolz auf das sein, was er mit Midnite City bislang erreicht hat. Im Besonderen nach dem grandiosen 2021er Release „Itch You Can’t Scratch“ konnte man sich schon kaum mehr vorstellen, dass es noch viel Steigerungspotenzial geben würde. Rob Wylde und seine Mannen haben sich aber genau das zum Anspruch gemacht und setzen mit ihrem aktuellen Meisterstück „In At The Deep End“ nochmal einen drauf. Musikalisch bleibt es natürlich bei den traditionellen Klängen des Hair Metal, wie er von Mitte der 80er bis Anfang der 90er Jahre die Hardrock Landschaft geprägt hat und sein Epizentrum in Los Angeles hatte. Es gibt in der heutigen Zeit viele Gruppen die dieser legendären, auch für mich wegweisenden Epoche der Musikgeschichte nacheifern und sie wieder aufleben lassen. Tatsächlich erlebt dieses Genre aktuell ein kleines Revival und etliche der Größen von damals, haben damit wieder Erfolg. Auch viele neue/junge Bands haben sich im letzten Jahrzehnt in die Herzen der Fans spielen können. Es gibt dabei aber nur eine sehr geringe Zahl an Musikern/Bands, die tatsächlich in der Lage sind, diesen ganz speziellen Spirit von früher, wirklich in die aktuelle Zeit zu transportieren. Zusammen mit Acts wie den Crazy Lixx oder Chez Kane, gehören Midnite City definitiv zu den ganz wenigen Bands, die diesen wunderbaren Musikstil und den Zeitgeist von damals, in Perfektion zelebrieren und auch entsprechend authentisch umgesetzt bekommen. Für Rob Wylde ist es natürlich ein großer Vorteil, diese Epoche selbst mit erlebt zu haben und bereits von frühester Kindheit an, mit der Musik großer Helden, wie Def Leppard, Kiss, Bon Jovi oder Poison aufgewachsen zu sein. Trotz all dieser Einflüsse, ist es dem ehemaligen Tigertailz Frontmann gelungen, in seine Musik ein hohes Maß an Eigenständigkeit mit einfließen zu lassen und seine Kompositionen von Album zu Album weiter zu verbessern. Auch das Hitpotenzial der einzelnen Songs ist stetig gewachsen und findet beim neuen Werk seinen vorläufigen Höhepunkt. Und so erleben wir mit „In At The Deep End“ ein fantastisches Genre Highlight, das von der ersten bis zur letzten Sekunde zu begeistern und zu überzeugen weiß. Nicht auszudenken, welchen Erfolg Midnite City mit dieser Scheibe vor 35 Jahren gehabt hätten. Alle übrig gebliebenen oder wiederbelebten Melodic Rocker und Glam Rocker auf unserem Planeten, werden dieses Album aber gebührend feiern und Rob Wylde und seiner Band, zu bestmöglichem Erfolg verhelfen. Natürlich hat der kreative Sänger, Gitarrist und Mastermind das alles nicht alleine auf die Beine gestellt, auch wenn er als Multiinstrumentalist, dazu möglicherweise sogar in der Lage gewesen wäre. Wie schon zuletzt stehen ihm an der Lead-Gitarre der grandiose Miles Meakin zur Seite, am Bass begeistert wieder Josh „Tabbie“ Williams und mit grandiosen Klängen vom Keyboard, überzeugt einmal mehr Shawn Charvette. Einzig am Schlagzeug hat es einen Wechsel gegeben. Leider hat Mitgründer Pete Newdeck die Band verlassen und wurde nun von Ryan Briggs ersetzt, der auch schon bei den vergangenen Touraktivitäten mit dabei war. Eines muss man dazu aber noch erwähnen. Die Drums fürs Album hat Natt Webb eingespielt. Die Produktion ihres neuen Meisterwerkes haben Midnite City in Eigenregie durchgeführt. Gemixt wurde die Scheibe von niemand Geringerem als Chris Laney (u.a. Pretty Maids, At The Movies), gemastert wurde „In At The Deep End“ von Classe Persson. Das ausdrucksstarke Cover-Artwork stammt aus der kreativen Hand von Alex Cooper, konzipiert wurde das Design von Keyboarder Shawn Charvette. Rob Wylde hat sich mit seiner Band, was das Label angeht, fürs aktuelle Werk neu orientiert. „In At The Deep End“ ist das erste Midnite City Album, das über die deutsche Plattenfirma Pride & Joy Music veröffentlicht wird. Kommen wir aber nun zur Musik, die uns auf die komplette Länge von knapp 45 Minuten Spielzeit, bestens zu unterhalten weiß.

Zur Einleitung gibt es ein cooles, etwas spacig wirkendes Intro („Outbreak“), das Keyboarder Shawn Charvette beigesteuert hat. Es geht dann direkt rüber in den ersten ganz großen Knaller des Albums, nämlich den wegweisenden, sehr kraftvollen Opener „Ready To Go“. Sattes Riffing und druckvolle Drums treiben den Song voran, begleitet von sehr stark gespielten Keys, die sowohl einen wunderbaren Klangteppich liefern, als auch so manches individuelles Highlight stellen. Rob Wylde präsentiert sich stimmlich in absoluter Bestform und zeigt sich ausdrucksstark und vielseitig. Im Besonderen die Bridge und der nachfolgende, opulente Refrain reißen sofort mit und sorgen für beste Laune. Poser-Herz was willst du mehr. Oben drauf gibt es ein erstes tolles Solo von Saitenhexer Miles Meakin, viele weitere werden folgen. „Someday“ wurde schon vor einiger Zeit als erste Single veröffentlicht und hat die Erwartungen extrem hoch geschraubt. Die Basis bildet ein großartiges Riff in allerbester 80er Jahre Manier, geführt von einer einprägsamen, wunderbaren Lead-Gitarren Melodie. Zum Vers-Teil wird das Tempo ein bisschen verschleppt, was immer ein gutes Stilmittel ist, um alle Energie in den Chorus zu legen. Dies gelingt hier ganz ausgezeichnet und sorgt für Ohrwurm-Feeling. Eine Midtempo-Rakete der Extraklasse mit aller höchstem Sommer-Hit-Potenzial! „Hardest Heart To Break“ ist der jüngste Single/Video Release, irgendwo zwischen Halbballade und Melodic Rock Hymne einzuordnen. Shawn Charvette hat viele ganz starke Momente mit großartigen Melodiebögen am Keyboard. Auch Tieftöner Josh Williams hat den einen oder anderen Part der ihn ins Rampenlicht stellt. Die Vers-Passage ist eher sanft, Rob Wylde legt viel Gefühl und auch einen Hauch Melancholie in seine Stimme. Eine getragene Bridge führt uns zum Refrain, der mit viel Intensität aus den Boxen schallt und sich bereits beim ersten Genuss in die Gehörgänge fräst. Nun folgen direkt am Stück, meine 3 persönlichen Top-Favoriten des Albums. Ok, los geht’s. Bereits „Good Time Music“ bringt uns eine punktgenaue Zeitreise zurück ins Jahr 1989. Stellt euch vor, ihr fahrt mit dem Mustang Cabrio über den Sunset Strip, nächster Halt ist das legendäre Whiskey A Go-Go und los geht die Midnite City Show. Die Nummer ist ein genialer Groove Rocker, ein Gute-Laune-Hit, mit ganz viel Rock ’n‘ Roll im Blut. Super Songaufbau, ausgerichtet auf einen fantastischen Singalong Refrain, der wie für die Bühne geschrieben zu sein scheint. Mega Nummer!! „All Fall Down“ kommt mit dem aller größten Suchtpotenzial daher, das man sich vorstellen kann. Die Basis für diese Nummer ist die brillante Gitarren-Arbeit von Miles Meakin, dazu kommen die überragenden Keys von Shawn Charvette, der auch die Melodieführung sehr stark mitgestaltet. Die Krönung ist dann aber der Spannungsaufbau und die Vocalline, mit einer sensationellen Performance von Rob Wylde. Ein unfassbar gigantischer Hit, im kompositorischen, stilistischen Fahrwasser des großen Songwriters Desmond Child. Schon beim ersten Durchlauf habe ich mir gedacht, dieser Song hätte auch perfekt auf das legendäre „Saints And Sinners“ Album von Kane Roberts (u.a. Alice Cooper) gepasst. Kommen wir zu Nummer 3 meiner Top-Favoriten, der Glam Rock-Hymne „Girls Gone Wild“. Als das Stück vor ein paar Wochen veröffentlicht wurde, hatte ich tatsächlich Gänsehaut vor lauter Begeisterung. Ein genialer Kracher im Stile von Poison, Tuff oder Tigertailz. Es ist lange her, dass ich eine ähnlich starke Nummer in dieser Stilrichtung gehört habe. Da passt einfach alles. Man fühlt sich sofort in seine Jugend zurück versetzt und spürt den Spirit vergangener Tage. Der Sound klingt aber natürlich dennoch frisch und absolut zeitgemäß. Zudem wurde das Stück mit viel Hall und Raumklang aufgenommen, was früher auch oft so gemacht wurde, vermutlich um ein bisschen „Live“-Feeling mit reinzubringen. Die Instrumentierung ist druckvoll, mit satten Drums, kraftvollen Riffs und super Lead Gitarre. Miles Meakin erneut mit brillantem Job. Über allem steht aber einmal mehr Rob Wylde, der mit seiner charismatischen Stimme, aus einem mega Song, eine Glam Rock Granate für die Ewigkeit macht. Wie so oft, sind es auch hier wieder die starken Backing Vocals die für zusätzliche Akzente sorgen und alles noch ein gutes Stück größer und besser machen. Auch hier kommt, zumindest beim Refrain, erneut ein Hauch der typischen Desmond Child Stilistik durch. Wirklich schade, dass dieser brillante Komponist heutzutage solche Sachen nicht mehr schreibt. Aber wie wir sehen, trägt auch Rob Wylde diese Genialität in sich. Nun gibt es eine kleine Verschnaufpause mit der sehr schönen Ballade „Beginning Of The End“. Wunderbare Keyboard Melodien, gepaart mit ein bisschen Melancholie und großer emotionaler Tiefe. Ein sehr intensives Lied, das ebenso eingängig ist und natürlich auch wieder mit einem herausragenden Refrain aufwartet. Die Saiteninstrumente kommen ebenfalls nicht zu kurz und so können sich auch hier, Josh Williams und Miles Meakin wunderbar auszeichnen. „Raise The Dead“ schraubt das Tempo dann wieder an den Anschlag. Ein echtes Energiebündel mit dominantem Riffing und opulenten Keys. Hier steht der Rock ’n‘ Roll wieder weit im Vordergrund und weiß den erfreuten Zuhörer von der ersten Sekunde an mitzureißen. Rob Wylde interagiert großartig mit den Backing-Shouts, das erinnert sogar fast ein wenig an Skid Row. „It’s Not Me It’s You“ nimmt das Tempo wieder raus und wandelt zwischen Power-Ballade und Stadion Rock. Nach sanftem Auftakt, mit tollen Keyboard-Klängen und einem sehr feinfühlig aber dennoch kraftvoll agierenden Frontmann, nimmt das Stück mit der Bridge vorm Chorus, langsam etwas Fahrt auf. Der Refrain kommt dann im hymnischen Stil daher und liefert den nächsten Ohrwurm. Der Spannungsbogen wird hier eher im Hintergrund gespannt, was sehr geschickt umgesetzt wurde. So setzt sich das Lied beim Zuhörer besser und intensiver fest. Auch hier sind die Backings wieder ein gut und häufig eingesetztes Mittel, um für noch mehr Tiefe, Volumen und Ausdrucksstärke zu sorgen. Ohne Umschweife startet das Album-Finale „Like There’s No Tomorrow“. Miles Meakin und Rob Wylde legen direkt gemeinsam los, ehe dann auch Schlagzeug und Bass mit einsetzen. Das Stück hat einen guten Groove, woran auch Bassist Josh Williams einen großen Anteil hat. Er hat hier etliche sehr starke Passagen. Auch Keyboarder Shawn Charvette kann sich oftmals in den Vordergrund spielen, der bei diesem Stück übrigens auch ein paar Co-Songwriter Credits verbuchen kann. Rob Wylde führt mit grandioser Gesangsleistung gekonnt durch diesen wunderbaren, sehr launigen Abschluss-Track. Die Nummer hat, wie so viele auf dem Album, einen hymnischen Charakter, mit einer unglaublich eingängigen und süchtig machenden Melodieführung inklusive der Vocalline. Der Glam-Faktor ist bei diesem Stück noch einmal ziemlich hoch und es gibt nochmal ein schönes, intensives 80er Jahre Gefühl zum Ausklang.

Aber hey Leute, dieser Sound ist heute noch genauso geil wie damals und Gott sei Dank gibt es Bands wie Midnite City, die das ebenfalls so empfinden und ihrer Liebe zu dieser Musik freien Lauf lassen. „In At The Deep End“ ist der perfekte Beweis dafür, wie gut authentisch gespielter Hair Metal, auch im Jahre 2023 noch funktionieren kann. Glam Rock und Melodic Rock Fans werden dieses Album lieben! Man kann nur größtes Lob und Glückwünsche an Midnite City schicken und Danke sagen, dass sie der Welt so ein grandioses Meisterstück geschenkt haben.

Band

Rob Wylde (Gesang, Gitarre)
Miles Meakin (Gitarre)
Josh „Tabbie“ Williams (Bass)
Ryan Briggs (Schlagzeug)
Shawn Charvette (Keyboard)

Titel

  1. Outbreak (Intro)
  2. Ready To Go
  3. Someday
  4. Hardest Heart To Break
  5. Good Time Music
  6. All Fall Down
  7. Girls Gone Wild
  8. Beginning Of The End
  9. Raise The Dead
  10. It’s Not Me It’s You
  11. Like There’s No Tomorrow
Tagged with →  
Share →

Schreibe einen Kommentar