Die schwedische Sängerin Anette Olzon lässt es auf ihrem dritten Solo-Album ganz schön krachen! „Rapture“ ist ein sehr kraftvoller, facettenreicher Mix aus Melodic/Power Metal und Symphonic Metal, gewürzt mit ein paar vereinzelten Akzenten aus dem Melodic Death. 9,5/10

Anette Olzon muss man wohl niemandem mehr vorstellen. Die schwedische Sängerin hat nach ihrem Ausstieg bei Nightwish intensiv an ihrer Solo-Karriere („Shine“ 2014“, „Strong“ 2021) und anderen tollen Projekten gearbeitet, wie beispielsweise The Dark Element, Allen/Olzon oder auch der Metal Oper Heart Healer, von und mit Magnus Karlsson. Vor allem ihre Zusammenarbeit mit dem schwedischen Songwriter, Multiinstrumentalisten und Produzenten, hat in den vergangenen Jahren zu so manchem herausragenden Album geführt. Natürlich hat Anette Olzon auch für ihr neues Meisterstück „Rapture“ wieder auf die bewährte Kollaboration mit Magnus Karlsson gesetzt. Gemeinsam haben die beiden ein unglaublich energiegeladenes und eindrucksvolles Album erschaffen, das zumindest was die Solo-Werke von Anette Olzon angeht, sicher das härteste und kraftvollste ist. Oftmals überwiegt der melodische Power Metal gegenüber dem Symphonic Metal deutlich und an mancher Stelle machen sich auch Elemente aus dem Melodic Death bemerkbar. Und dies nicht nur, weil Anette’s Ehemann Johan Husgafvel, der auch bei ihrem letzten Solo-Album schon mit dabei war, mit einer ganzen Reihe an Growls für Highlight Momente sorgt. Auch so manches Riff, das einem auf „Rapture“ begegnet, könnte man sich gut auf einem Arch Enemy Album vorstellen. Dafür verantwortlich, wie auch für Bass, Keyboard und Orchester-Arrangements, ist natürlich Magnus Karlsson. Das Motto „never change a winning team“ ist auch für Anette Olzon und Magnus Karlsson sehr wichtig, daher ist auch auf „Rapture“ der großartige Anders Köllerfors am Schlagzeug zu hören, so wie auch auf den beiden Allen/Olzon Alben, bei Heart Healer, Anette’s letztem Solo-Werk „Strong“ oder auch bei Magnus Karlsson’s FreeFall Alben. Der schwedische Schlagzeuger glänzt mit grandioser Performance und gibt den herausragenden Kompositionen einen ordentlichen Punch. Vor allem die stimmliche Entwicklung von Anette Olzon begeistert mich in den letzten Jahren wirklich sehr. Was die Vollzeit-Krankenschwester und dreifache Mutter auf den letzten Alben zeigt, ist absolut beeindruckend und gibt ihr zweifelsfrei den Status, als eine der top Sängerinnen des Genres. Die Zusammenarbeit mit Frontiers Records hat in den vergangenen Jahren viele erfolgreiche Alben zu Tage gefördert, sowohl für Anette Olzon, also auch für Magnus Karlsson und natürlich auch gemeinsam. Somit wurde dann auch „Rapture“ über das italienische Label veröffentlicht. Wie auch schon zuletzt, hat Jacob Hansen wieder für den finalen Schliff mit Mix und Master gesorgt. Der dänische Großmeister hat, wie üblich, einen grandiosen Job gemacht. Die 11 Songs verteilen sich auf 52 Minuten Spielzeit und liefern auf der vollen Länge, Hochspannung, Abwechslung, großen Ideenreichtum und musikalische, wie auch kompositorische Spitzenklasse!

Den Auftakt macht der Single/Video Hit „Heed The Call“. Eine opulente, sehr vielseitige und kraftvolle Hymne, die direkt aufzeigt, wo die musikalische Reise hingeht. Anette Olzon glänzt mit brillanten Vocals, Johan Husgafvel steuert ein paar geschickt installiert Growls bei und Magnus Karlsson zeigt, warum er zu den stärksten Gitarristen im Genre gehört. Der Refrain wirkt erhaben und eindringlich. Das Titel-Stück „Rapture“ steht dem Opener, in Sachen Power, in nichts nach. Die Nummer ist noch ein bisschen wuchtiger, auch dank einer absolut herausragenden Vorstellung von Drummer Anders Köllerfors. Nach schöner Keyboard-Einleitung prägen satte Riffs das Klangbild. Zum Chorus erhebt sich das Stück zu majestätischer Größe. Die klassischen Arrangements halten sich meist im Hintergrund, setzen aber geschickt Akzente. „Day Of Wrath“ ist vielleicht der härteste Song auf dem Album, der sich immer wieder auf einem schmalen Grat zwischen Power Metal und Melodic Death bewegt. In tollem Kontrast dazu die wunderbaren Vocals von Anette Olzon, die sich immer wieder mit den Growls von Johan Husgafvel duelliert. Die Nummer ist ein echtes Kraftpaket, das aber auch mit sehr facettenreicher Instrumentierung überzeugt. „Requiem“ begeistert, dem Titel entsprechend, mit einer sakralen Ausstrahlung. Das Stück schallt einem mit gewaltigem Klangvolumen aus den Boxen entgegen. Die Orchestrierung ist hier genauso grandios gelungen, wie die Melodieführung. Das Lied ist sehr intensiv und geht super ins Ohr. Die geschickte Arbeit mit dem Tempo fördert die Spannung und sorgt auch für Abwechslung. Ein zusätzliches Highlight ist das tolle Gitarren-Solo von Magnus Karlsson. „Arise“ wird von wundervollen Streichern eröffnet. Dies gibt dem Song eine schwere und düstere Grundstimmung und sorgt auch für ein wenig Dramatik. Mit kraftvollem Riffing nimmt die Nummer aber schnell Fahrt auf. Vor dem Refrain wird kurz mal das Tempo verschleppt, was den Spannungsbogen neu strafft. Der Chorus selbst hat einen hymnischen Charakter und eine epische Erscheinung. Ein paar Growls im Hintergrund setzten gleichermaßen Akzente, wie die großartigen, gut involvierten klassischen Arrangements. Ein sehr intensives und vielschichtiges Stück. „Take A Stand“ kommt sehr rasant ums Eck. Instrumental betrachtet, erneut an der Grenze zwischen Power Metal und Melodic Death. Der Refrain hebt sich dann ein wenig ab, wirkt recht stimmungsvoll und hält sich nachhaltig im Ohr. Eine wunderbare Bridge baut im Verlauf die Spannung nochmal neu auf, ehe es dann zu einem echten Power-Finale kommt. Zu meinen absoluten Top-Favoriten gehört „Cast Evil Out“. Die Melodic Metal Granate startet mit Keys und Backing Chor und brillant gespielter Lead-Gitarre. Zum eindringlich vorgetragenen Vers-Teil gesellen sich fette Riffs. Durch die unglaubliche Schlagzeug-Power von Anders Köllerfors bekommt das Stück einen wuchtigen Charakter. Eine epische Bridge, inklusive dezenter Growls, führt hin zu einem schwungvollen, sehr launigen Refrain, der Anette Olzon einmal mehr, in Bestform zeigt. Ein sehr facettenreiches und klangintensives Stück, das mit wunderbaren Piano-Klängen zu Ende geht. Eine sehr coole Nummer ist „Greedy World“, die direkt mit orchestraler und gesanglicher Opulenz startet. Magnus Karlsson steigt dann mit kraftvollem Riff ein. Speziell die Vocals sind hier absolut überragend. Teils hat Anette Olzon’s Gesang eine leicht rockige Note, an anderer Stelle wirkt sie fast diabolisch. Sehr stark gemacht! Genau das gibt dem Song die Würze und auch eine gewisse mystische Ausstrahlung. Die Orchestrierung verleiht dem Stück viel Volumen und Tiefe im Klangbild. „Hear My Song“ ist die aktuelle Single nebst Video, parallel zum Album Release. Das Lied ist eine wunderbare Ballade, bei der Anette Olzon im ersten Teil nur von Piano/Keyboard und Streichinstrumenten begleitet wird. Die emotionale Tiefe ist gewaltig und es ist schwer sich der Gänsehaut zu erwehren. Im Verlauf kommen nach und nach die Instrumente vermehrt hinzu und sorgen für eine noch intensivere Wirkung. Auch hier gibt es wieder ein wunderbares Solo von Magnus Karlsson, ehe dann nach erneut wundervollem Piano-Part, ein kraftvolles Finale folgt. Genau so muss eine Ballade aufgebaut sein, dass sie ihre volle Wirkung entfalten kann. Genial! „Head Up High“ startet direkt mit Vocals, Drums und ein paar Synths-Spielereien, ehe dann umgehend der Power Metal sein Recht einfordert. Mit ordentlich Tempo und ein paar eingebauten Growls von Johan Husgafvel treibt die Nummer gut und ziemlich gradlinig voran. Vor allem die Schlagzeug-Power von Anders Köllerfors ist hier wieder mal unwiderstehlich. Das hat so viel Energie, da wird buchstäblich alles niedergewalzt. Ein starker Power-Track, ein echter Headbanger, der sich sicherlich auch „live“ gut machen würde aber die Zeiten sind bei Anette Olzon wohl leider vorbei. Zum Abschluss dieses fantastischen Albums, gibt es noch ein bisschen schwere Kost, mit eindringlicher und sehr deutlicher Botschaft. Der Titel „We Search For Peace“ erfasst inhaltlich wohl genau das, was derzeit viele Menschen gedanklich beschäftigt. Musikalisch und stimmungstechnisch, dementsprechend, ein ziemlich düsteres Lied. Instrumental sehr vielseitig und ideenreich komponiert und umgesetzt. Der Chorus hat eine epische und sehr intensive Ausstrahlung. Einen besseren Schluss-Track hätte man wohl kaum finden können. Bravo!

„Rapture“ ist ein weiterer, großer Meilenstein in der Karriere von Anette Olzon. Speziell die enge Zusammenarbeit mit Magnus Karlsson, sorgt für kreative Höchstleistungen und wird hoffentlich auch in Zukunft, noch für so manches Hit-Album sorgen, egal unter welchem Banner. Herzlichen Glückwunsch an Anette Olzon, zu einem wirklich eindrucksvollen dritten Solo-Werk, das mit unerwartet großer metallischer Härte überrascht aber auch begeistert. Ein echtes Meisterstück, aus schwedischer Handwerkskunst!

Band

Anette Olzon (Gesang)
Magnus Karlsson (Gitarre, Bass, Keyboard)
Anders Köllerfors (Schlagzeug)
Johan Husgafvel (Growls)

Titel

  1. Heed The Call
  2. Rapture
  3. Day Of Wrath
  4. Requiem
  5. Arise
  6. Take A Stand
  7. Cast Evil Out
  8. Greedy World
  9. Hear My Song
  10. Head Up High
  11. We Search For Peace
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