2 Jahre lang haben Visions Of Atlantis mit ihrem Erfolgsalbum „Pirates“ die Weltmeere umsegelt und so manch altes und neues Symphonic/Pirate Metal Herz erobert. Nun ist es Zeit die Anker wieder zu lichten und zu neuen Abenteuern aufzubrechen. „Pirates II – Armada“ knüpft nahtlos an das hohe Niveau des Vorgängers an und begeistert über die volle Länge! 10/10

„Pirates II – Armada“ ist inzwischen das 9. reguläre Studio-Album von Visions Of Atlantis, dazu kommen noch 2 EP’s, 3 Live-Alben und die letztjährige, rein sinfonische Version („A Pirates Symphony“) ihres 2022er Legenden-Werkes „Pirates“. Die annähernd 25-jährige Vita der österreichisch, französisch, italienisch besetzten Symphonic Metal Truppe ist wirklich eindrucksvoll, im Besonderen vor dem Hintergrund, auf welch hohem musikalischem Niveau man sich von Beginn an bewegt hat. Natürlich gab es eine kontinuierliche Weiterentwicklung, die speziell in den letzten Jahren nochmal ziemlich gewaltig war und sowohl stilistisch, als auch thematisch, einige Veränderungen mit sich gebracht hat. Den größten Sprung in ihrer Entwicklung haben Visions Of Atlantis sicherlich mit dem 2022er „Pirates“ Album gemacht, mit dem sie sich der dunklen aber auch zwanglosen und freiheitsliebenden Welt der Seefahrt zugewandt haben, dem Leben als Piraten. Es ist ihnen schnell gelungen den Thron des Symphonic/Pirate Metal zu erobern. Mehrere Umsegelungen der Weltmeere haben diesen Status deutlich gefestigt. Speziell in Europa, Nord- und Südamerika haben Visions Of Atlantis in den letzten Jahren nachhaltige Spuren hinterlassen und die Vorfreude auf „Pirates II – Armada“ war dementsprechend riesengroß. Natürlich ist die Piraten-Armada von Visions Of Atlantis weiterhin in der gleichen Besetzung unterwegs, wie auch schon auf den vergangenen Alben. Am Mikro, das vermutlich stärkste Gesangsduo des Symphonic/Melodic/Power Metal Genres, mit Clémentine Delauney (auch Exit Eden) und Michele „Meek“ Guaitoli (auch Temperance). Das Duo ist auch für die Entstehung der einzelnen Songs federführend verantwortlich gewesen. Michele für die Musik und Clémentine für die Lyrics etc.. Ihnen zur Seite stehen weiterhin Gitarrist Christian „Dushi“ Douscha, Bassist Herbert Glos (auch Dragony) und selbstverständlich das Band-Urgestein Thomas Caser am Schlagzeug. Auch ansonsten haben die Piraten-Metaller auf bewährte Kräfte gesetzt. Die Aufnahmen und die Produktion lag in den Händen von Dominum Mastermind Felix Heldt, Mix und Master hat Jacob Hansen übernommen und die überragenden, noch mal ein bisschen stärkeren Orchester-Arrangements, hat Lukas Knöbl beigesteuert, unterstützt von Simeon Edward. Das eindrucksvolle Cover-Design entstammt dieses Mal der kreativen Ader von Blake Armstrong. Veröffentlicht wird „Pirates II – Armada“ am 05.07.2024, selbstverständlich wieder über Napalm Records. Die Fans erwartet ein mit Spannung geladenes Epos, bestehend aus 12 Songs, die sich auf eine Spielzeit von 53 Minuten verteilen. Das Album ist natürlich konzeptionell verfasst, wenngleich jedes Stück auch für sich alleine stehen kann. Michele Guaitoli und Clémentine Delauney haben beim Songwriting sehr stark darauf geachtet, dass die Stücke auch „live“ gut funktionieren. Eigentlich könnte ich mir jedes einzelne Lied im Live-Set vorstellen, einige davon sogar mit besonderer Eignung zur Interaktion mit dem Publikum. Stilistisch kommt „Pirates II – Armada“ aber durchaus ein klein wenig verändert rüber, im Vergleich zum Vorgänger. Auch ein ganz großer Jahrhundert-Hit, wie es „Melancholy Angel“ war, fehlt hier nach meiner Einschätzung, was aber durch die große Breite an überragenden und eingängigen Songs, die vor allem im Kontext des gesamten Albums, absolut schlüssig und rund wirken, nicht weiter ins Gewicht fällt. Auch der Titel-Song, respektive erste Single „Armada“, der bei mir zunächst nicht so richtig zünden wollte, fügt sich hervorragend ins Gesamtbild ein und meine ursprünglichen, kleinen Zweifel, sind schnell verflogen. Man sollte Lieder eben immer erst im Kontext des Gesamtwerkes final beurteilen. Viele der neuen Stücke kommen eher im getragenen Stil daher und begeistern durch die Eingängigkeit der Melodien und mit der überragenden Orchestrierung, die oftmals mit cineastischer Größe aufwartet. Die Lieder strahlen noch deutlich mehr emotionale Tiefe aus wie zuletzt und sind häufig mit einem melancholischen Unterton versehen. Auf der anderen Seite kommen manche Stücke eine ganze Ecke kämpferischer rüber, was sich teils auch mit ein bisschen mehr Härte bei der Musik offenbart, zumindest an der einen oder anderen Stelle. Ich habe auch den Eindruck, dass der folkige Anteil noch ein wenig größer geworden ist, was den authentischen Pirate Metal Charakter natürlich noch weiter stützt. Die Geschichten in den einzelnen Liedern erzählen von Wehmut, Traurigkeit, Liebe, dem Leben als Pirat, inneren Dämonen, den Ängsten aber natürlich auch von großen Schlachten auf hoher See. Es ist ganz ausgezeichnet gelungen, die Stimmungen der einzelnen Songs so zu kreieren, dass man sich als Zuhörer fast schon in Mitten der Storyline wieder findet. Man spürt die salzige Meeresluft in der Nase und auf den Lippen, in der Ferne grollen die Kanonen der feindlichen Schiffe aber man kann auch das Wehklagen der Piratenkönigin und des Kapitäns hören, die um ihre Verluste trauern. Lasst uns nun eintauchen, in die oftmals tobende See und uns die neuen Stücke etwas näher anschauen.

Wie so oft, kommt erst mal die Ruhe vor dem Sturm und so geht es auch hier, zunächst ganz sanft los. „To Those Who Choose To Fight“ ist eine schwere, düstere Einleitung, die Clémentine Delauney von ihrer gefühlvollsten aber auch schwermütigen und nachdenklichen Seite zeigt. Begleitet von tollen Arrangements öffnet sich das Stück im Verlauf ein wenig, ehe dann der direkte Übergang, zu dem von schwermetallischer Power und Dramatik geprägten „The Land Of The Free“ folgt. Eine ziemlich flotte Nummer mit cineastischer Opulenz durch die Orchester-Arrangements. Ein stimmungsvolles und abwechslungsreiches Lied, das neben wuchtigen und kraftvollen Parts, auch ein paar ruhigere Momente liefert. Die Vocals sind gut aufgeteilt. Es startet Clémentine Delauney, zur 2. Strophe übernimmt dann Michele Guaitoli. Sehr stark ist auch die Gitarren-Arbeit von Christian Dousha, der neben tollen Riffs, auch noch ein filigranes, fast schon schneidendes Solo bereit hält. Das nachfolgende „Monsters“ ist ja schon weithin bekannt, als 2. Single/Video Veröffentlichung. Eine eher gradlinige Nummer, die neben der eingängigen Vocalline und dem Monster-Chorus (ja, das Wortspiel musste sein), auch eine starke Präsenz der Rhythmus-Abteilung um Drummer Thomas Caser und Basser Herbert Glos zeigt. „Tonight I’m Alive“ wird noch vor dem Album-Release als 3. Single nebst bewegtem Bildmaterial vorgestellt. Das Lied hat ein paar folkige Tendenzen, die vor allem ganz am Anfang eine Stimmung verbreiten, wie man sie sich in einer alten englischen oder französischen Hafenkneipe vorstellen könnte. Das Stück gewinnt an Fahrt und Energie, mittels grandiosem Aufbau, hin zu einem majestätisch erhabenen, fast schon hymnischen Refrain. Eine sehr launige Nummer mit positiver Ausstrahlung, die super ins Ohr geht und nochmal zum Feiern einlädt, ehe es dann in die nächste große Schlacht auf hoher See geht. Natürlich geht das alles nicht ohne ein wenig Dramatik und Theatralik aber genau das ist es ja, was diese tolle musikalische Stilrichtung ausmacht. Das Titel-Stück „Armada“ war vor einigen Wochen das erste akustische Lebenszeichen aus dem neuen Album. Eine sehr kraftvolle und vergleichsweise harte Nummer, die mit hoher instrumentaler Stärke punktet, durch die Pirate-Backing-Shouts aber natürlich auch eine perfekte Eignung für die Bühne liefert. Visions Of Atlantis zeigen sich hier ganz klar von ihrer kämpferischen Seite, ein Hauch Melancholie kommt aber auch mal mit durch. „The Dead Of The Sea“ bringt uns mitten ins Gefecht. Die leicht überlange Nummer (7:15 Min.) startet mit den sanften, sehr düster-emotionalen Vocals von Michele Guaitoli, zu wunderbaren Arrangements. Ein kraftvoller Übergang bringt uns dann, sich schnell steigernden Power Metal und ein gewaltiges, orchestrales Volumen. Clémentine Delauney übernimmt die Führung, Christian Dousha liefert dazu satte Riffs und auch Herbert Glos am Bass und Thomas Caser hinter seiner Schießbude, legen all ihr Können in die Waagschale. Speziell das Spiel mit dem Tempo ist hervorragend gelungen und fördert die Dramaturgie dieses zentral wichtigen Songs. Der Gesang ist gut austariert mit schönem Wechsel der Stimmen. Überragend die Vocal-Bridges vor und nach Dushi’s Solo. Der Chorus ist eindringlich, intensiv und nachhaltig. Nach der großen Schlacht ist die Zeit gekommen, um über die Verluste zu trauern. Dies könnte man nicht besser machen, als mit „Ashes To The Sea“, einem der aller stärksten Stücke des Albums, wenn ihr mich fragt. Eine überragende, von Trauer und Melancholie geprägte Ballade, die vorwiegend von den orchestralen und anderen Arrangements und ein paar Percussions getragen wird und mit den wehmütigen Stimmen von Clémi und Meek in herausragender Weise dargeboten wird. Im Verlauf gewinnt der Song an Energie, Intensität und Klangvolumen und bekommt eine leicht hymnische Ausstrahlung. Das Lied verursacht bei mir jedes Mal Gänsehaut und ich würde mir nichts mehr wünschen, das Stück im regulären Live-Set zu erleben. Ich vermute aber, dass es, wenn überhaupt, bestenfalls mal bei den Akustik-Sets der VIP-Veranstaltungen zu hören sein wird. Aber auch dafür wäre das Stück natürlich hervorragend geeignet. Na, wir werden sehen, was sich VoA dazu einfallen lassen. Toll arrangiert, mit Donnergrollen, Streichern und unheilschwangerer Grundstimmung, starten wir ins nächste mega Highlight. „Hellfire“ ist eine rasante Granate mit ganz viel Power Metal im Blut. Ein facettenreiches Stück, mit hohem Energielevel und einmal mehr, allerbester Eignung für die Bühne. Alleine schon die „Burn, Burn, Burn“ – Schlachtrufe beim Refrain, laden dazu ein, das Publikum mit einzubeziehen. Gesanglich gibt es erneut eine tolle Harmonie und einen stetigen Wechsel beider Stimmen. Tolle Chor-Passagen und fette Orchester-Parts krönen diesen überragenden Hit, der für mich persönlich, eigentlich zwingend als Single veröffentlicht werden müsste! Aber das kommt ja möglicherweise irgendwann noch. Und weiter geht es mit einem weiteren, persönlichen Top-Favoriten von mir. „Collide“ ist eine schwungvolle und stimmungsvolle aber auch durchaus emotional geprägte Midtempo-Hymne, die mit einer 100%igen Ohrwurm-Garantie ausgestattet ist. Die Grundmelodie vom Chorus wirkt zwar eigentlich reicht einfach, fast sogar ein bisschen poppig, geht aber so dermaßen gut ins Ohr, dass man sich dem nicht erwehren kann. Aber genau das macht ja auch einen Top-Hit aus oder nicht? Der Song startet zunächst sanft und gefühlvoll mit cineastischem Klanggerüst, Clémentine Delauney steigt ein, begleitet von Bass und Drums von Herbert Glos und Thomas Caser, dazu dann noch ein paar schöne Streicher. Dushi hält sich mit der Gitarre zunächst etwas im Hintergrund. Michele Guaitoli übernimmt dann zur 2. Strophe und es zeigt sich im Weiteren wieder ganz hervorragend, was er und Clémi für ein fantastisches Gesangsduo sind. Überragend ist die kaum wahrnehmbare Steigerung/Intensivierung und Tempoverschärfung beim Refrain. Das ist absolut genial gemacht und ist wesentlich für die Wirkung verantwortlich. Eine weitere, fantastische Hymne, die zwingend ins Live-Programm gehört! Eine sehr folkige Schlagseite hat „Magic Of The Night“, das zum Auftakt sogar ein bisschen an In Extremo denken lässt, beim Chorus geht es dann eher in die Richtung jüngerer Nightwish Stücke, ohne aber insgesamt die typischen Visions Of Atlantis Trademarks zu verdrängen. Der Spannungsaufbau ist sehr gut gelungen, mit voller Entladung dann zum überragenden, entsprechend stimmungsvollen Refrain. Die Vocals kommen erneut in stetigem Wechsel, die klassischen Arrangements sind wieder mal brillant und ergänzen sich toll mit der folkigen Instrumentierung. „Underwater“ ist eine gesangliche Solo-Vorstellung von Clémentine Delauney. Eine wundervolle Ballade, mit nachdenklich, trauriger Ausstrahlung, die zunächst mit Piano-Begleitung daher kommt. Im Verlauf wird das Stück immer intensiver und bekommt auch mehr instrumentale Kraft. Auch ein paar dezente folkige Akzente machen sich wieder bemerkbar. Ein grandioses, sehr emotionales Lied, das ganz mühelos, auch die Gänsehaut zurück bringt. Zum Abschluss dieses Meisterwerkes gibt es einen Symphonic Metal Hit der Extraklasse, in ganz typischer VoA Manier, erneut mit kleiner Überlänge (7:15 Min.). „Where The Sky And The Ocean Blend“ ist ein ziemlich rasantes, opulentes, aufwändig und sehr geschickt arrangiertes Stück, das aber auch mit einem hohen Maß an Abwechslung und einem spannenden Songaufbau überzeugt und begeistert. Sehr viele instrumentale Facetten und Feinheiten sind gleichermaßen prägend, wie auch das großartige Spiel mit dem Tempo. Eine echte Hymne, mit fetten Riffs, satter rhythmischer Power und absolut grandioser Vocal-Performance. Ein würdiges Finale, für den 2. Teil der Pirate Saga!

Ohne Zweifel werden Visions Of Atlantis ihren Status als Nr. 1 im Symphonic/Pirate Metal weiter festigen. Auf ihren Eroberungszügen über die Weltmeere, werden sie viele weitere Gefolgsleute finden, die sich ihrer Armada anschließen. Möglicherweise treffen sie dabei ja auch irgendwann auf die „Santa Lucia“ von Pirate Queen, um dann eine Weile gemeinsam zu segeln. Es ist absolut beeindruckend mit welcher Finesse und mit welch großem musikalischem Gespür die Songs für „Pirates II – Armada“ entstanden sind und arrangiert wurden. Das ist fraglos auf allerhöchstem Niveau und nur schwer zu toppen! Herzlichen Glückwunsch an die Musiker von Visions Of Atlantis und das gesamte Team, das an der Entstehung dieses neuerlichen Meisterstückes beteiligt war. Das ist ganz großes Kino für die Ohren! „Pirates II – Armada“ wird am 05.07.2024 veröffentlicht und bei diversen Sommerfestivals und einer mehrwöchigen Tour im September und Oktober, zunächst den europäischen Fans, ausgiebig „live“ präsentiert!

Band

Clémentine Delauney (Gesang)
Michele Guaitoli (Gesang)
Christian Dousha (Gitarre)
Herbert Glos (Bass)
Thomas Caser (Schlagzeug)

Titel

  1. To Those Who Choose To Fight
  2. The Land Of The Free
  3. Monsters
  4. Tonight I’m Alive
  5. Armada
  6. The Dead Of The Sea
  7. Ashes To The Sea
  8. Hellfire
  9. Collide
  10. Magic Of The Night
  11. Underwater
  12. Where The Sky And Ocean Blend
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