Wer sich dieser Tage mit erstklassigem Power und Symphonic Metal beschäftigt, kommt an „At The Heart Of Wintervale“, dem neuen Epos von Twilight Force, ganz sicher nicht vorbei! Wie üblich, kommt bei den Schweden auch noch die Komponente „Fantasy“ mit dazu. Und so freut sich die vielschichtige Fangemeinde, über ein unterhaltsames und musikalisch sehr facettenreiches neues Album. 9/10

Twilight Force haben ihre Reise durch ein bildgewaltiges und fantasievoll gestaltetes Universum 2011 begonnen. Beheimatet in der Power Metal Metropole Falun in Schweden. Im Jahr 2014 erblickte dann das Debüt „Tales Of Ancient Prophecies“ das Tageslicht und warf sogleich, einen hellen Schein auf die Welt des skandinavische Heavy Metal. Im Nu spielten sich Twilight Force in die Herzen der Fans, inklusive auch meinem und spätestens mit dem 2016er Nachfolger „Heroes Of The Mighty Magic“, war ein neuer Stern am nordischen Metal Firmament aufgegangen. Tourneen, unter anderem mit Freedom Call und Sonata Arctica brachten frühzeitig eine tolle Resonanz. In 2017 verlies dann Ur-Sänger Christian Eriksson die Band und wurde live, zunächst von Gastmusiker Tommy Johansson (Majestica, Sabaton) vertreten, ehe mit Alessandro Conti (Trick Or Treat, Lione/Conti), wieder eine feste Größe fürs Mikro gefunden werden konnte. Es folgte mit „Dawn Of The Dragonstar“ (2019) ein weiteres grandioses Album, in der Alessandro Conti dann auch direkt in die Rolle des Allyon schlüpfte, die er natürlich auch, auf dem sagenhaften neuen Meisterwerk „At The Heart Of Wintervale“ wieder inne hat. Wer nicht ganz so im Thema ist, dem sei dies hier kurz erläutert. Twilight Force haben sich eine eigene, sehr fantasievolle Welt erschaffen, mit Drachen, Rittern, großen Kriegern und weiteren spannenden Figuren, die dann von den einzelnen Musikern verkörpert werden. Wer die Schweden schon live erlebt hat, ist natürlich auch in den Genuss des kreativ gestalteten Bühnen-Outfits gekommen. Ich stell euch dann hier mal kurz die restlichen Musiker, auch mit ihren Rollennamen vor. An den Gitarren hören wir Aerendir (Jocke Leandro Johansson) und Lynd (Philip Lindh). Am Tieftöner begeistert Born (Dunder Björn Lundqvist), hinter der Schießbude sitzt De’Azsh (Daniel Sjögren) und am Keyboard, natürlich Blackwald (Daniel Beckman), der gemeinsam mit Lynd, den kreativen Teil und die Produktion bewerkstelligt hat. Twilight Force haben schon immer kraftvollen und rasant gespielten Power Metal, mit opulenten, orchestralen Arrangements kombiniert. Also irgendwo in einer Schnittmenge zwischen Dragonforce, Gloryhammer und den verschiedenen Versionen von Rhapsody. Dazu kommen, ihrem Grundthema folgend, auch viele musikalische Elemente, die man Abenteuer und Fantasy Filmen zuordnen kann aber auch so manchem Soundtrack von Abenteuer und Fantasy Games. Für die Erschaffung von „At The Heart Of Wintervale“ hatten die Schweden ja nun, auch Corona bedingt, ein paar Jahre Zeit. Dieser lange Kreativprozess, förderte sehr viele Ideen zu Tage und manches Stilmittel früherer Alben, kommt hier nun noch viel deutlicher zum Tragen. Die Vielseitigkeit mit der die Stücke komponiert worden sind, übersteigt deutlich, alles was Twilight Force bislang veröffentlicht haben und ganz besonders die Orchester-Arrangements, sind ganz ausgezeichnet gelungen. Aber sie nehmen auch durchaus, immer wieder, eine sehr dominante Rolle ein, die vielleicht sogar mehr den Symphonic Metal Fan, als den Power Metal Fan anspricht. Was aber brillant gelungen ist, ist die Verbindung beider Stile, zu einer sehr homogenen und ausdrucksstarken Einheit. Die jeweiligen Akzente und Highlights, sind so genial gesetzt, dass man gelegentlich den Eindruck gewinnt, eine Operette zu hören, die mit einem wirklich druckvollen Power Metal Grundgerüst erschaffen worden ist. Ich für meinen Teil, finde das sensationell gut gemacht. Stellt euch mal hier die zauberhafte Musik von Mozart, da die gewaltigen Klänge eines Beethoven und dort die Opulenz und Dramatik von Wagner vor, kombiniert mit der Energie und der instrumentalen Härte einer Power Metal Band. Dann habt ihr schon mal eine ganz gute Idee davon, wie „At The Heart Of Wintervale“ klingt. Durch den unglaublich großen Abwechslungsreichtum, werden die Stücke und die dahinter stehenden Geschichten, allesamt, mit einer tollen Dramaturgie versehen. Die Melodiebögen sind fantastisch kreiert, die Vocallines und ganz speziell die Refrains, zünden alle gleich beim ersten Durchlauf. Über die musikalischen Fähigkeiten der einzelnen Musiker muss man kaum ein Wort verlieren. Das sind alles Meister ihres Faches und jeder einzelne, agiert in absoluter Topform! Allyon (Alessandro Conti) möchte ich aber dennoch gerne nochmal hervorheben. Ihn als Sänger zu engagieren war eine großartige Idee. Der Facettenreichtum seiner Stimme und das Charisma, heben die Musik von Twilight Force nochmal eine ganze Stufe höher. Ein weiteres Highlight auf „At The Heart Of Wintervale“ ist der Einsatz von Gastsängerin Kristin Starkey, die auch schon beim letzten Album, bei den Backing-Chören zum Einsatz kam. Eigentlich ist die klassisch ausgebildete Sängerin, ja auch eher in der klassischen Musik zu Hause und dort eine durchaus bekannte und gefragte Größe. In den letzten Jahren hat Kristin Starkey aber eine immer größere Liebe für den Heavy Metal entwickelt und tritt mittlerweile sogar schon mit Twilight Force live auf. Zudem hat sie in der jüngeren Vergangenheit auch so manchen Power Metal Song gecovert, dazu vielleicht mal bei ihrem YouTube Kanal vorbeischauen. Es lohnt sich! Wenden wir uns nun aber der Musik zu.

Mit dem Opener „Twilight Force“ haben sich die Schweden ohne Zweifel, ihre eigene Bandhymne geschrieben. Eine Highspeed-Nummer mit sehr facettenreichem Songaufbau, inklusiver etlicher Tempowechsel. Ein sehr stimmungsvolles Stück, das sicher auf lange Zeit, eine zentrale Rolle in der Setlist einnehmen wird. Der Titel-Track „At The Heart Of Wintervale“ kommt sehr fröhlich rüber, mit bombastischen, klassischen Arrangements von Blackwald aber auch gleichermaßen brillant und filigran gespielten Gitarren von Lynd und Aerendir. Allyon agiert sehr charismatisch und druckvoll, verleiht so auch dem Refrain, eine majestätische Wirkung. Das große Highlight ist ein kurzer, absolut genialer, orchestraler Mittelteil. Man könnte fast meinen, da hätte Mozart seine Finger im Spiel gehabt. „Dragonborn“ kommt insgesamt, mit etwas gemäßigtem Tempo daher. Zunächst gibt es ein bisschen Kammermusik zu hören, mit schönen Violine-Klängen. Die wuchtig agierende Rhythmus-Abteilung um Born und De’Azsh, gibt dann aber doch eher einen metallischen Kurs vor. Die tolle Melodieführung und viele wunderbare, orchestrale Momente, sind die Basis, die druckvolle Instrumentierung, das Salz in der Suppe. Alles in allem, eine kleine Operette mit schwermetallischer Grundlage. Mega! „Highlands Of The Elder Dragon“ startet mit schönem Piano. Der Spannungsaufbau findet gemächlich statt, es gibt auch ein paar spoken words, wie bei manch anderem Stück auch. Sobald das Lied dann aber Fahrt aufgenommen hat, gibt es kein Halten mehr. Dramatik, Power, orchestrale Opulenz und eine extrem große Vielseitigkeit, zeichnen den Song aus. Dazu kommen noch ein paar Sequenzen cineastischen, epischen Bombasts und ganz viel Emotionalität, die sich natürlich vorwiegend bei den Vocals offenbart. Und dass der ganze Spaß über 10 Minuten dauert, kommt als Sahnehäubchen noch mit oben drauf. „Skyknights Of Aldaria“ steht einmal mehr, im Zeichen gewaltiger Arrangements. Da haben Blackwald und Lynd wieder einmal tolle Arbeit geleistet. Mit sehr viel Aufwand, großem Klangvolumen und auch ein bisschen Theatralik, ist ein richtig starker orchestraler Background entstanden, der teils von satten Chören noch gestützt wird. Aber täuscht euch nicht, trotz allem, hat hier ganz klar der Power Metal das Ruder in der Hand! „A Familiar Memory“ ist ein kurzes instrumentales Intermezzo, mit nordisch, folkigen fast sogar mittelalterlichen Klangmustern. Toll inszeniert, mit sehr schöner Stimmung. „Sunlight Knight“ kommt dann wieder als druckvolle Power Metal Granate ums Eck. Sowohl die Saitenhexer Aerendir und Lynd, als auch Bassist Born und Drummer De’Azsh, können sich nach Herzenslust austoben. Auch die Gesangsmelodie ist hier ganz brillant gelungen, speziell der Chorus ist da besonders hervorzuheben. Unglaublich eingängig und von Allyon natürlich auch ganz fantastisch dargeboten. Die Arrangements sind sehr ideenreich installiert und machen sogar einen kurzen, spaßigen Zwischenstopp, an einer karibischen Beach Bar. Sehr cool! Das zentrale Prunkstück dieses Albums ist zweifelsfrei „The Last Crystal Bearer“, das zweite Lied im XL Format, mit erneut, über 10 Minuten Spielzeit. Die Kreativität von Twilight Force hat  keinerlei Mühe, die volle Länge mit sehr viel Abwechslung und einer ganzen Menge kompositorischer Finesse zu füllen. Neben bombastischen Orchester-Parts und einer guten Portion Dramatik, ist es vor allem auch die instrumentale Power, die diesen Song so beeindruckend stark macht. Tolle Riffs, filigrane Lead-Gitarre, satte Schlagzeug-Power, oft auch mit Double-Bass gespielt. Es gibt viele mehrstimmig vorgetragene Passagen und auch ein paar Solo-Parts von Gastsängerin Kristin Starkey, die ganz fantastisch agiert. Einige Erzähl-Passagen lockern auf, genauso, wie so manches Power-Break und viele tolle Übergänge. Das Klangvolumen ist wirklich gewaltig und ist vor allem über Kopfhörer, ein sehr intensives Vergnügen. Der reguläre Teil des Albums wäre damit dann durch aber es gibt noch ein bisschen Nachschlag mittels Bonus-Tracks. Zunächst mal das halbakustische, keltisch/folkig angehauchte „The Sapphire Dragon Of Arcane“. Das Stück wandelt stilistisch, ein ganz klein wenig auf den Spuren von Blind Guardian’s „The Bard‘s Song“ und der Musik von Blackmore’s Night. Wunderschön inszeniert und vor allem arrangiert. Die Grundstimmung ist teils schwer, fast melancholisch. In jedem Fall, ein tolles Lied für die Bühne! Ich habe mehrfach von den gewaltigen und wirklich brillant komponierten Orchester-Arrangements geschwärmt. Um diese nochmal in all ihrer Größe und Stärke zu genießen, gibt es zum Abschluss des Albums, die Stücke „Skyknights Of Aldaria“ und „The Last Crystal Bearer“, in einer rein orchestralen Version zu bewundern und zu genießen. Da offenbaren sich noch eine ganze Menge zusätzlicher Details!

Twilight Force haben mit ihrem neuen Album „At The Heart Of Wintervale“ ein Zeichen gesetzt und ihrer Vita einen grandiosen, einstweiligen Höhepunkt verpasst! Die Schweden haben an allen Stellschrauben gedreht und alles was sie bisher ohnehin schon ausgezeichnet hat, nochmal ein gutes Stück größer, stärker und besser gemacht! Herzlichen Glückwunsch an Twilight Force zu einem herausragenden Album Nr. 4!

Band

Allyon (Gesang)
Lynd (Gitarre)
Aerendir (Gitarre)
Blackwald (Keyboard)
Born (Bass)
De’Azsh (Schlagzeug)

Gast

Kristin Starkey (Lead- und Backing Vocals)

Titel

  1. Twilight Force
  2. At The Heart Of Wintervale
  3. Dragonborn
  4. Highlands Of The Elder Dragon
  5. Skyknights Of Aldaria
  6. A Familiar Memory
  7. Sunlight Knight
  8. The Last Crystal Bearer
  9. The Sapphire Dragon Of Arcane (Bonus)
  10. Skyknights Of Aldaria (orchestral version) (Bonus)
  11. The Last Crystal Bearer (orchestral version) (Bonus)
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