Und wieder einmal führt mich ein Artikel nach Schweden, diesem wundervollen Land, der scheinbar unerschöpflichen Quelle musikalischer Größe und Kreativität. Seventh Crystal begeistern aktuell die Melodic Rock Fans mit ihrem 2. Album, das den schönen Titel „Wonderland“ trägt. Ob sie damit wohl ihre Heimat meinen? 8,5/10
Melodic Rock hat in Skandinavien, vor allem natürlich in Schweden, eine lange Tradition und in den vergangenen Jahrzehnten, eine gigantische Menge an herausragenden Hit-Alben zum Vorschein gebracht. Wunderland oder besser gesagt „Wonderland“ Schweden! Auch wenn Mastermind und Bandgründer Kristian Fyhr mit dem Album-Titel vielleicht nicht unbedingt eine Hommage an seine musikalisch so erfolgreiche Heimat im Sinn hatte, für mich persönlich würde das schon passen. Ursprünglich hatte der vielseitig begabte Sänger, Musiker und Songwriter Kristian Fyhr eigentlich ein Solo-Projekt in Planung, hat sich dann aber schnell dazu entschieden, die Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen und gründete vor ein paar Jahren Seventh Crystal. Das starke Debüt „Delirium“ folgte als bald und wurde, wie auch das neue Werk „Wonderland“, über das italienische Label Frontiers Records veröffentlicht. Der begabte Sänger und Songwriter war in der jüngeren Vergangenheit auch für andere Bands der Plattenfirma tätig. Beispielsweise hat er am aktuellen First Signal Album („Face Your Fears“) mitgewirkt. Er hat dort bei ein paar Songs mitgeschrieben und auch bei einigen Stücken Backing Vocals gesungen. Und viele von euch haben sicherlich noch das herausragende Debüt von Ginevra in Erinnerung, wo der Sänger im vergangenen Jahr, gemeinsam mit Magnus Karlsson (u.a. Primal Fear, Free Fall, Allen/Olzon, Heart Healer), ein mega Album („We Belong To The Stars“) veröffentlicht hat. Kristian Fyhr ist ein vielbeschäftigter Künstler, dessen kreatives Talent schier unerschöpflich scheint. Auch für das neue Seventh Crystal Album hat er sich wieder eine ganze Menge toller Sachen ausgedacht aber dies macht er hier nicht alleine. Das Songwriting passiert im Kollektiv, jeder ist beteiligt und bringt Ideen und musikalische Einflüsse mit ein. Vielleicht mit ein Grund dafür, dass „Wonderland“ so abwechslungsreich und vielseitig erscheint. Die 10 Songs haben natürlich alle die typisch schwedischen Gene aber sie wirken durchaus modern und es gibt auch mal ein paar Ecken und Kanten, was den Hörspaß sehr positiv beeinflusst. Man orientiert sich eher an neueren Bands des Genres, wie beispielsweise One Desire oder an, mitunter eher hardrockig agierenden Bands, wie vielleicht H.e.a.t oder sogar Dynazty in deren Anfangsjahren. Alles in allem bietet „Wonderland“ einen zeitgemäßen, facettenreichen Melodic Rock, geprägt durch die herausragende Stimme von Kristian Fyhr aber auch stark akzentuiert, von einer tollen Gitarrenarbeit. Dafür sind Emil Dornerus und Gustav Linde zuständig. Letzterer kam kurz nach Erscheinen des Debüts zur Band, um mit einer zweiten Gitarre, dem Sound noch mehr instrumentale Power zu verleihen. A propos Power. Die ebenfalls sehr stark agierende Rhythmus-Abteilung besteht, wie schon bei Album Nr. 1, aus Drummer Anton Roos und Bassist Olof Gadd. Natürlich darf es bei einem hochklassigen Melodic Rock Album auch an einem starken Keyboarder nicht fehlen. Diesen Posten bekleidet schon von Beginn an Johan Älvsång, der übrigens auch der erste war, den Krystian Fyhr mit in die Band geholt hat. Für einen sehr guten und druckvollen Sound haben Seventh Crystal selbstverständlich ebenfalls gesorgt und den Job für Mix & Master, an den erfahrenen Tonmeister Henrik Udd übertragen.
Los geht es dann direkt mit dem Titel-Stück „Wonderland“. Ein toller Auftakt, der vom ersten Moment an, die starke Gitarren-Arbeit von Emil Dornerus und Gustav Linde in den Fokus stellt. Ein sehr energetischer und rhythmisch angelegter Opener, bei dem sich auch Tieftöner Olof Gadd und Schlagzeuger Anton Roos gleich sehr gut auszeichnen können. Im Besonderen beim eindringlichen Refrain, offenbart auch Sänger Kristian Fyhr sein großes Talent. „Higher Ground“ ist dann eine schöne Spielwiese für Keyboarder Johan Älvsång, der hier von Beginn an seine Fähigkeiten zeigt und sehr vielseitig agiert. Der Vers-Teil ist nach energischem Start, dann eher etwas ruhiger, mit Piano dazu, ehe das Stück zum Chorus hin wieder richtig Fahrt aufnimmt. Der Song lässt viel Platz für die volle Entfaltung von Kristian Fyhr’s markanter Stimme. Zusätzliche Highlights sind ein tolles Gitarren-Solo und ein sehr intensives Song-Finale. „Hollow“ überzeugt mit toll gespielter Lead-Gitarre und einem gut inszenierten Aufbau. Stark ist auch die Tempoverschärfung zum Refrain, mit kraftvollem Riff. Insgesamt hat das Lied eine durchaus moderne Note aber auch viel stimmliches Volumen, wenn sich Olof Gadd, Emil Dornerus und Johan Älsvång mit ihren Backing-Vocals, mit dazu gesellen. „Million Times“ gehört fraglos zu meinen persönlichen Top-Favoriten, einmal mehr, geprägt von einer filigran gespielten Lead-Gitarre. Die Nummer ist recht abwechslungsreich, sowohl mit balladesken Passagen aber auch deutlich riffbasierten Phasen. Sehr gut gelungen ist der Spannungsbogen, hin zum Refrain. Ein toller Midtempo-Rocker, mit einem teils sehr emotional wirkenden Kristian Fyhr am Mikro, der auch gleich zu Beginn von „My Own Way“ wieder mit brillanter Performance im Mittelpunkt steht. Es kommen dann die Gitarren von Emil Dornerus und Gustav Linde mit dazu, die das Lied gut vorantreiben, unterstützt von den großartig aufgelegten Anton Roos und Olof Gadd. Ein weiteres Album-Highlight mit einer mega Vocalline, gekrönt von einem Ohrwurm verdächtigen Refrain. Hier kommt dann auch mal ein wenig 80er AOR Feeling auf. Es folgt nun ein etwas ruhigerer Teil des Albums, mit zwei Balladen am Stück. Zunächst kommt „Imperfection“, das mit dem wunderbaren Piano-Spiel von Johan Älvsång eingeleitet wird. Kristian Fyhr singt sehr gefühlsbetont und steigert seine Ausdrucksstärke nach und nach, im Gleichschritt mit der Instrumentierung. Der Refrain ist zweifelsfrei der Höhepunkt, mit sehr viel Tiefe und Intensität. Im Verlauf gewinnt das Stück immer mehr an Energie und entwickelt sich spätestens zum Ende hin, zu einer richtigen Power-Ballade. Auch „In The Mirror“ startet mit schönen Piano-Klängen, ein paar wundervolle Streicher kommen mit dazu und sorgen für klangliches Volumen und Ausstrahlung. Kristian Fyhr agiert sehr sanft und emotional, auf allerhöchstem Niveau. Der Song erhebt sich dann zum Chorus hin zu seiner vollen Größe und macht deutlich, dass der schwedische Sänger zu den allerbesten des Genres zu zählen ist. Neben weiteren tollen Piano-Passagen, gibt es erneut ein brillant gespieltes Gitarren-Solo zu genießen und auch bei dieser mega Ballade, gibt es einen kraftvollen Abspann. „Next Generation“ spricht dann aber wieder eine andere Sprache. Recht stimmungsvoll angelegt. Ein schöner, druckvoller Gute-Laune-Rocker, bei dem sich vor allem Anton Roos und Olof Gadd, immer wieder auszeichnen können. Das Stück hat auch einen tollen Groove und begeistert mit einer sehr energisch dargebotenen Vocalline. Die Instrumentierung ist sehr facettenreich ausgefallen, vielleicht sogar das Prunkstück des Albums, in dieser Hinsicht. „Some Day“ besticht mit gutem Spannungsaufbau und feiner Melodieführung. Der zunächst verhaltene Einsatz der Instrumente, erfährt eine tolle Steigerung beim ziemlich opulent wirkenden Refrain. Die Herren Gadd, Dornerus und Älvsång zeigen einmal mehr, wie wichtig gute Backings sind und letzterer, glänzt hier in besonderer Weise, mit ganz ausgezeichnet gespielten Keys. Zu „Rodeo“, dem letzten Stück des Albums, zeigt der Tasten-Akrobat dann nochmal sein ganzes Können am Piano. Die instrumentale Stärke kommt hier generell wieder sehr gut zum Vorschein. Neben Drummer Anton Roos, sind es in erster Linie die Saitenhexer Gustav Linde und Emil Dornerus, die sich ins Rampenlicht spielen, wenngleich es auch hier wieder, einen eher gemächlichen Spannungsaufbau gibt. Kristian Fyhr liefert vor allem beim getragenen Refrain, nochmal all seine Stärke ab und zeigt sich sehr ausdrucksstark. Mit feinen Piano-Klängen wird das kraftvolle, toll inszenierte Finale eingeleitet.
Alles was beim 2021er Debüt „Delirium“ schon sehr gut war, ist nun auf „Wonderland“, nochmal eine ganze Ecke stärker geworden. Die schwedische Melodic Rock Szene ist um eine großartige Band und um ein weiteres Album Highlight, reicher geworden. Seventh Crystal zeigen deutlich, dass sie in den nächsten Jahren zum Kreis der Genre-Größen ihres Heimatlandes aufsteigen könnten. Das Potenzial dafür wäre auf jeden Fall vorhanden. Herzlichen Glückwunsch an Seventh Crystal zu einer tollen Scheibe, die ganz klar, nach einer „Live“ Aufführung verlangt!
Band
Kristian Fyhr (Gesang)
Emil Dornerus (Gitarre, Backing Vocals)
Gustav Linde (Gitarre)
Johan Älvsång (Keyboard, Piano, Backing Vocals)
Olof Gadd (Bass, Backing Vocals)
Anton Roos (Schlagzeug)
Titel
- Wonderland
- Higher Ground
- Hollow
- Million Times
- My Own Way
- Imperfection
- In The Mirror
- Next Generation
- Some Day
- Rodeo