Jyväskylä – für diejenigen unter Euch, die von diesem Ort noch nie gehört haben: Er liegt in Südfinnland, malerisch in Mitten von hunderten Seen.

Und außerdem ist er ein Heimatort der Band Leverage. Glücklicherweise nimmt sich Leverage’s derzeitiger Bassist Sami Norrbacka ein paar Minuten für das Interview. Nur leider bekomme ich Restriktionen von ihm: Keine Fragen über Mathematik. Wie schade …

Moi Sami und danke für Deine Zeit. Wie geht’s Dir?

Sami: Mir geht es bestens. Ich habe eben Pekka und Tuomas getroffen und hoffentlich sehe ich auch noch Valtteri und Marko. Es ist, als sei es eine Ewigkeit her, seit ich die Jungs zusammen gesehen habe. Das ist so phantastisch. Und genau deshalb bin ich auch hier. Einfach, um die alten Songs einmal wieder live zu hören und mich mit den Jungs zu treffen. Ja mir geht es gut, mein Frühling läuft wirklich gut.

Ein paar sehr ruhige Jahre liegen hinter uns. Wie Du gerade schon erwähnt hast, werden Pekka und Tuomas später ein paar alte Leverage Songs als Akustik-Set hier im Redneck spielen. Doch wie bist Du an die Jungs von Leverage geraten?

Sami: Nun, damals in den Neunzigern habe ich oft zusammen mit Marko und Valtteri Musik gemacht. Wir haben uns auf Progressive Metal und solche Sachen konzentriert. Als ich zum Studieren in Jyväskylä war, hatte ich einige Bands mit verschiedenen Kumpels. Als dann Leverage’s erstes Album auf den Markt kam, dachte ich oh verdammt, ich muss in dieser Band spielen, doch hatten sie zu der Zeit bereits einen Bassisten. Ich meine, es war 2007 oder vielleicht 2008, als ich bei einem Gig in Tampere aushalf, weil ihr Stamm-Bassist, Meister Pekka Lampinen, übrigens auch ein unglaublich guter Bassist, leider mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Leider bekam Pekka zunehmend Probleme mit seiner Gesundheit, so dass Leverage jemanden brauchten, den sie kannten und dem sie vertrauen konnten. Sie wussten, dass ich in der Lage war, ihre Songs zu spielen und außerdem kannten die meisten Jungs mich bereits. Das ist wohl der Grund, warum ich in die Band kam. Aber bis heute habe ich noch auf keinem Studioalbum gespielt. Doch falls wir irgendwann ein neues Album aufnehmen, dann wirst Du meinen Bass knallen hören.

Sechs Seiten, es schaut aus wie eine Gitarre, doch ist es keine Gitarre …

Sami: Es ist ein wenig wie ein Frachtschiff oder ein großer LKW. Wir reden hier über meinen Bass, der einen echt langen Hals hat und sechs Saiten. Ziemlich oft kommen Leute nach der Show zu mir und fragen mich, ob sie ihn anfassen dürfen und wie ich darauf spielen kann. Manche meinen, dass ein Bass nur vier oder vielleicht fünf Saiten braucht, doch ich entgegne denen, dass der Musiker für die Musik verantwortlich ist, nicht das Instrument. Die Anzahl Saiten macht den Musiker weder besser noch schlechter. Wenn ich mit den Jungs von Leverage auftrete, ist das ein wenig wie LKW-Fahren. Ich habe einen recht eingeschränkten Notenbereich, wenn ich zusammen mit Torsti und Tuomas spiele, den beiden Gitarristen. Torsti spielt eine sechs-saitige und Tuomas eine sieben-saitige Gitarre und damit decken sie ein breites Frequenzband ab. Somit bleiben für mich nur die tiefsten Tieftöne übrig. Torsti scherzt gerne, dass auch zwei Saiten ausreichen würden, um die Bass-Linie der Songs spielen zu können. In der Tat bauen die Leverage-Songs auf der Idee auf, dass die Bass-Linie eher simpel gehalten ist, während das Gitarrenspiel sehr komplex ist. Doch es funktioniert wirklich gut. Auf der anderen Seite braucht das Spiel mit dem Sechs-Saiter natürlich mehr Kraft, doch ich spiele öfters Bass-Soli und wende verschiedenste Techniken an, für die ich meinen sechs-saitigen Riddler-Bass einfach brauche.

… und Du musst in den Kraftraum gehen, bevor Du damit spielst …

Sami: So in der Art, ja. Wenn Du nicht genügend übst und die Finger-Muskulatur trainierst, wird das Instrument Dich bei lebendigem Leib verspeisen – Du könntest rein gar nichts spielen. Somit ja, es braucht eine Menge Kraft.

Ein Gitarren-Solo ist doch sehr üblich in der Rock-Szene. Ich habe Dich einmal ein Bass-Solo spielen sehen bei einem Gig mit Deiner Band Rainbow Connection. Wie siehst Du die Rolle des Bassisten in einer Rockband? Kannst Du Dir vorstellen, dass auch Bass-Soli zukünftig zu einem gängigen Element eines Rockkonzerts werden?

Sami: Vor ein paar Jahren habe ich zusammen mit einem Cellisten namens Elias Kahila gespielt. In dieser Band gab es nur das Cello, den Bass und das Schlagzeug. Wenn man in einem Trio spielt, gibt es eine Menge Möglichkeiten für den Bass, man kann in der Situation viel melodischer arbeiten. Desto mehr Instrumente in einer Band vertreten sind, desto kleiner wird der Raum für den Bassisten, so habe ich es zumindest beobachtet. Der Bass muss nicht zwingend nur die Support-Rolle für die Gitarren einnehmen, doch so kann es sein und das ist in jedem Fall eine der Aufgaben des Bassisten. Viele Bassisten, dich ich als meine Vorbilder sehe, haben eine Solo-Stimme in der Rockband und der Bass spielt in diesen Bands eine wichtige Rolle und genau so etwas wollte ich immer.

Warum fokussiert sich Rainbow Connection in erster Linie auf die Songs der Dio-Ära? Was ist das besondere an der Dio-Ära für Dich?

Sami: Dio ist wohl mein Lieblingssänger aller Zeiten, zusammen mit Bruce Dickinson. Wir hatten die Idee, uns anfangs auf ein Dio-Set zu konzentrieren und dann später ein Set mit den Songs aus ’79 bis ’95 einzustudieren. Mittlerweile haben wir auch die Proben für dieses Set begonnen. Das bedeutet dann, dass wir auch an einem Ort an zwei aufeinanderfolgenden Tagen spielen könnten, beispielsweise das Dio-Set freitags und am Samstag dann die spätere Rainbow-Ära. Es macht echt Spaß diese alten Klassiker zu spielen, welche die Leute seit einer Ewigkeit nicht mehr live gehört haben. Und auf der anderen Seite kennt jeder Rock-Musiker die Songs, und jeder, der öfters Rock-Musik merkt irgendwann „oh sie spielen das gesamte Rising-Album, doch man hört es gar nicht“. Wir haben viele Stunden in die Proben für diese Songs investiert. Als Rainbow live spielten, gab es Passagen, die sehr ruhig gehalten waren, während sie es in andern Phasen richtig knallen ließen. Phantastisch! Wenn man heutzutage zum Konzert einer modernen Rock-Band geht, dann ist es wie ein Gewitter vom Anfang bis zum Ende und ehrlich gesagt macht mich das krank. Ich liebe diese Art Symphonie in der Rock-Musik. Genau so sollte es aus meiner Sicht sein. Die Story braucht ruhige, wie auch harte Momente.

Lass uns trotzdem noch ein Bisschen über die heutige Zeit reden. Du warst Teil einer dieser Supergroups, die Frontiers-Boss Serafino so gern ins Leben ruft: The Magnificent. Zusammen mit den Jungs hast Du 2012 in Nottingham beim Firefest gespielt, wenn ich mich da richtig erinnere. Wie hast Du das Publikum beim Firefest empfunden?

Sami: 2012, ist das schon so lange her? Ich habe es geliebt, weil alles so professionell ablief. Die Jungs haben einfach alles gegeben. Vor den eigentlichen Proben haben Torsti und ich lange Backing-Vocals geübt. Doch bis einen Tag vor dem Gig haben wir nicht eine einzige Note gemeinsam mit den Norwegern gespielt. Es gab nur diese eine gemeinsame Probe, am Tag vor dem Gig. Aber ich war gut vorbereitet. Ich konnte die Songs quasi im Traum spielen. Insgesamt war es einer meiner besten Trips überhaupt und die Location in Nottingham war perfekt. Lasse und Michael von Circus Maximus und Rolf von Stratovarius waren einfach die Besten. Junge was haben wir gelacht. Es scheint, als sei in Nottingham jeder befreundet mit jedem. Es war klasse, die Szene da kennenzulernen. Das Publikum kannte unsere Songs und hat sie gemeinsam mit uns gesungen – was kann man daran nicht mögen? Ich konnte meinen Augen schier nicht trauen, als wir das Meet & Greet nach der Show hatten. Dort waren Leute aus Japan, Australien oder Chile, oder allen Teilen Europas, um unsere Songs ein einziges Mal live zu hören und uns zu treffen.

So, jetzt sind wir an dem Punkt, dass ich Dir die ganzen Mathematik-Fragen stelle.

Sami: Ok, die Antwort lautet wahrscheinlich “unendlich”.

Du arbeitest sehr intensiv an vielen Musik-Projekten, doch daneben findest Du Zeit, eine Menge traumhaft schöner Fotos zu schießen und Gedichte zu den Bildern zu schreiben. Woher nimmst Du all die Ideen für die Fotos und die Gedichte?

Sami: Wenn ich etwas Schönes sehe, das kann einfach nur ein Spatz sein, ein Blatt oder irgendetwas, das mich anspricht … dann mache ich ein Foto davon. Wenn ich dann später die Bilder bearbeite, verfolgen mich manche davon und sagen „Schreib ein Gedicht über mich!“ und sie lassen mich einfach nicht mehr los, bis ich es geschrieben habe. Ich lebe recht weit weg von meinen Bandkollegen. Jede Band, in der ich beteiligt bin, hat eine Beziehung zu Jyväskylä oder Helsinki. Derzeit wohne ich in Kotka und ich kann ja schlecht meine Bands mitnehmen. Auf der anderen Seite habe ich nie versucht, eine Band in Kotka zu gründen, weil es einen Heiden-Aufwand bedeutet, all die Verstärker, Instrumente und das ganze Equipment hin und her zu transportieren und außerdem ist es schwer, einen guten Probenraum zu finden. Ich kenne Leute in der Gegend hier, um Jyväskylä herum, und ich arbeite seit langem mit guten Bands von hier. In Kotka versuche ich etwas einfach nur für mich aufzubauen, und so begann ich mit der Fotographie. Gedichte oder Geschichten habe ich schon immer geschrieben.

Schreibst Du eigentlich auch Songs?

Sami: Nicht wirklich. Ich liebe es, ein Teil des Songwriting-Prozesses zu sein. Damit meine ich, wenn Musik entsteht, gemeinsam erschaffen von den Mitgliedern einer Band, zum Beispiel während der Bandproben. Aber in der Tat habe ich viele Ideen im Kopf, die nur darauf warten, herauszudürfen.

Möchtest Du noch irgendetwas hinzufügen?

Sami: Bleibt am Ball bezüglich Leverage. Vielleicht werdet ihr eines Tages wieder etwas Neues zu Hören bekommen.

Das wäre ein Traum. Vielen Dank für Deine Zeit.

Sami: Sehr gern.

Info:

Sami Norrbacka at Deviant Art
http://samgreal.deviantart.com/

Leverage
https://www.facebook.com/pages/Leverage/8241479620?fref=ts

The Magnificent
https://www.facebook.com/pages/The-Magnificent-official/156308211131774?fref=ts

Rainbow Connection
https://www.facebook.com/pages/RAINBOW-CONNECTION/341978902565504?fref=ts

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