Die finnische Melodic Metal Band Memoremains, hat ihr 2. Album auf den polarisierenden Namen “Pop Metal“ getauft. Man hätte der Scheibe kaum eine bessere Headline verpassen können, denn hier ist der Titel Programm. Das ist aber auch in erster Linie ein Indiz für Vielseitigkeit und einen sehr großen Ideenreichtum. 9/10

Im ersten Jahr der Corona-Pandemie, im Herbst 2020, haben Memoremains ihr grandioses Debüt „The Cost Of Greatness“ veröffentlicht. Auch ohne die Möglichkeit vieler Live-Auftritte, ist die Fangemeinde der 2016 gegründeten Band, dennoch gewaltig gewachsen und hat auch den Schreiber dieser Zeilen, zu 100% überzeugt. Mit ihrem sehr authentischen, von Elementen der 80er und 90er Pop-Musik geprägten Stil, haben die Finnen eine musikalische Nische im Melodic Metal Genre gefunden, die noch nicht so überlaufen ist. Natürlich gibt es in dieser Ecke Top Bands wie Metalite und natürlich Amaranthe, die jedoch oft eine modernere, flottere und auch meist härtere Ausdrucksform der Musik bevorzugen. Und wie im Fall von Amaranthe, gibt es bei Memoremains, keinen männlichen Lead-Gesang. Somit ist der Vergleich dann auch insgesamt, nur sehr bedingt zutreffend. Einen gewissen Anhaltspunkt für eine stilistische Einordnung, liefern die beiden schwedischen Bands aber schon. Bei Memoremains ist die Mischung zwischen Heavy Metal und Elementen der Pop Musik sehr ausgewogen und vor allem die meist sehr dominanten Keyboard-Parts, lenken die Songs sowohl von der Grundstimmung, als auch von der Ausstrahlung her, jeweils in die entsprechende Richtung. Ein Großteil der Lieder ist im mittleren Tempo gehalten, mit einem gut erkennbaren Fokus auf eingängige Refrains und tolle Melodiebögen. Ganz im Stile der Pop-Musik der 80er und frühen 90er Jahre. Wir wollen dabei aber nicht vergessen, dass die Basis der meisten Stücke, druckvolle Drums bilden, begleitet von kraftvollen, mitunter schweren Gitarren-Riffs, gelegentlich sogar mit einer progressiven Note. Auf der einen oder anderen älteren Single und auch auf dem Debüt, waren gelegentlich Spuren von Symphonic Metal zu finden, diese sind auf „Pop Metal“ eigentlich komplett verschwunden. Eines muss man fairerweise auf jeden Fall sagen, eingefleischte Fans von traditionellem Heavy Metal oder härterem, werden die Musik von Memoremains wohl nicht so leicht verdauen können. Wer allerdings offen ist für eine etwas experimentellere Variante des Melodic Metal und auch kein Problem mit einem stilistischen Crossover hat, wird von „Pop Metal“ sicher ähnlich begeistert sein wie ich. Denn eines muss man klar feststellen. Zwei so polarisierende Musikrichtungen wie die traditionelle Pop Musik der 80er und 90er und den Heavy Metal, miteinander verschmelzen zu lassen und daraus eine harmonische, authentisch klingende und extrem unterhaltsame Musik zu erschaffen, erfordert nicht nur Mut, sondern auch verdammt viel Kreativität und musikalisches Können. Hut ab! Memoremains haben ihr Konzept nach ihrer Single-Kollektion (2016-2019) und dem 2020er Debüt weiter verfeinert, ausgebaut und auch ein wenig neu justiert. Der Fan-Kreis dürfte durch das neue Album „Pop Metal“ weiter wachsen und es ist sicher nur eine Frage der Zeit, wann man sich bei einem größeren Act des Genres, für eine Europatour mit anhängen darf. Den einzigen, echten Kritik-Punkt, den ich bei dieser durchweg hochklassigen Scheibe finden kann, ist die extrem kurze Spielzeit. 9 Songs verteilt auf knapp 30 Minuten, ist schon ziemlich wenig. Da allerdings die Qualität der einzelnen Stück so extrem hoch ist, kann man da aber einigermaßen drüber hinwegsehen. Und einen Vorteil hat das Ganze auch. Selbst als Support-Act, könnte man locker das komplette Album spielen und hätte sogar noch Raum für Zugaben. Ihr seht also, das ist Jammern auf hohem Niveau, denn in jedem Fall, steht die kompositorische und musikalische Stärke bei „Pop Metal“ klar im Vordergrund, vorgetragen von 5 tollen Künstlern. Man setzt bei Memoremains weiterhin auf das bewährte Team, das auch schon auf dem Debüt zu hören war. Allen voran die wundervolle Johanna Ahonen, die den Songs nicht nur ihre großartige, so vielseitige Stimme verleiht, sondern auch die Lyrics verfasst hat. Den wesentlichen Teil des Songwritings und der Aufnahmen, hat Keyboarder Mikko Kujanpää übernommen. Für Riffs und Soli ist, wie gewohnt, Aleksi Mäkelä zuständig, die Rhythmus-Abteilung bilden weiterhin Aapo Timonen am Bass und Eemeli Timonen an den Drums. Für Mix und Master haben sich die Finnen einen neuen Mann an Bord geholt, nämlich Rami Nykänen, dessen Arbeit keinerlei Makel aufweist. Für Artwork und Cover-Design zeichnet traditionell Petri Lampela verantwortlich, der wieder eine sehr ansprechende künstlerische Kreation abgeliefert hat. Wie schon die Single-Kollektion (2016-2019) und das Debüt „The Cost Of Greatness“, wurde auch „Pop Metal“ unabhängig, in Eigenregie veröffentlicht.

Einen der größten Hits des Albums und der Band-Geschichte, gibt es dann gleich als Opener zu hören. „We Are One“ ist eine Melodic-Metal Hymne der Extra-Klasse. Tolle Melodie-Führung, überragendes Keyboard-Spiel von Mikko Kujanpää. Auch die Rhythm-Section um Aapo und Eemeli Timonen kann sich gleich gut beweisen. Johanna Ahonen mit einer ersten Kostprobe ihres vielseitigen stimmlichen Könnens, begleitet von einer tollen Paarung aus opulenten Keys und dem versierten Gitarren-Spiel von Aleksi Mäkelä. Nicht nur der mitreißende Refrain, sondern auch die sehr stimmungsfördernden Tempo-Wechsel, machen aus dem Song einen echten Gute-Laune-Rocker und vielleicht sogar eine neue Band-Hymne. Sehr viel wuchtiger, mit progressivem Ansatz und einem phasenweise unwiderstehlichen Groove, kommt „Sympathy“ ums Eck. Eines der Stücke, das bereits vorab als Single/Video veröffentlicht wurde, um der geneigten Zuhörerschaft, die Wartezeit aufs Album zu verkürzen. Ein sehr ausdrucksstarker und facettenreicher Song, bei dem Keys und Synths eine tragende Rolle spielen. Auch das folgende „Back Off“ wurde bereits vor ein paar Wochen unters Volk gebracht. Ein absoluter Top-Hit, komponiert mit vielen tollen Ideen. Der Vers-Teil zeigt Johanna Ahonen zunächst mit sanfter Stimme, der erhabene Chorus offenbart dann all ihre Kraft, zeigt auch ihre etwas rockigere Seite gut. Unterstützt wird sie dabei von ein paar gut installierten Backing-Shouts. Das schwere Riffing von Aleksi Mäkelä im Mittelteil bringt dann auch den Heavy Metal deutlich zum Vorschein. „Paralyze“ spricht dann eine etwas andere Sprache. Hier haben poppige Passagen wieder etwas die Oberhand gewonnen. Die Melodieführung ist genial gelungen, vor allem Mikko Kujanpää steht mit seinem genialen Keyboard-Spiel im Vordergrund. Mal führend, mal im Hintergrund, mit einem sehr feinen Klangteppich. Die Gitarre steht hier ein wenig mehr in der zweiten Reihe, im Besonderen durch den opulenten Refrain, bekommt der Song viel Volumen. Auf dem Debüt „The Cost Of Greatness“ gab es den mega Hit „Lift Me Up“ zu hören, einer der geilsten Songs, der in den letzten Jahren veröffentlicht wurde, wie ich finde. Auf „Pop Metal“ gibt es aber nun einen mindestens genauso großen Knaller zu bewundern, der bei Memoremains, möglicherweise als Top 1 – Hit, die Nachfolge antreten könnte. Ich spreche von dem Super-Kracher „Psycho“! Auch schon vor ein paar Wochen als Single, mit coolem Video erschienen und seit dem, ein ständiger Begleiter von mir. Fantastisch was dieser Song für Energien frei setzt. Die druckvolle Kombination aus Gitarre und Keyboard treibt das Stück gut voran. Die Vocalline ist brillant, der Refrain ein genialer Ohrwurm. Genauso muss ein Lied klingen, wenn man damit in die Herzen und Ohren der Zuhörer will. Das reißt mit, das macht super Laune und nachdem ich weiß, was Memoremains für energiegeladene Konzert-Auftritte haben, wird dieser Song live, sicherlich alle Grenzen sprengen. „Miscreation“ fährt insgesamt das Tempo wieder deutlich zurück und stellt den Pop-Anteil der Musik wieder mehr in den Fokus. Einige technische Spielereien begleiten das von Synths und Keys dominierte Stück. Pop-Musik der 90er mit deutlich psychodelischem Charakter. Ziemlich düstere Aura, dazu der sehr emotional geprägte Gesang von Johanna Ahonen. Cool gemacht, wie sie phasenweise, mit ihren eigenen Backing-Vocals, quasi im Duett agiert. Ein paar Gitarren-Riffs gibt es aber zwischendurch auch, gut integriert, um immer mal wieder etwas Spannung auf zu bauen. Ein weiteres Highlight ist fraglos „Not My Fault“. Ein Top-Hit der obersten Kategorie. Hier und da ist ein etwas rockiger Ansatz raus zu hören, die Melodieführung wieder mal absolut brillant und nur schwer wieder aus dem Ohr zu kriegen. Die Keys von Mikko Kujanpää sind bestens eingesetzt, um die Stimmung des Songs auszudrücken. Ein paar progressive Nuancen sind hier auch erkennbar. Der vielleicht außergewöhnlichste Song auf „Pop Metal“ ist ganz sicher „Déjà Vu“. Stilistisch eine Mischung aus 80er Pop-Ballade und modernem Dark Wave, mit sehr düsterer, melancholischer Grundstimmung. Erinnert ein wenig an die schwermütige Musik der russischen Band Omnimar, falls ihr die kennt. Johanna’s Vocals kommen intensiv und getragen rüber und das Stück geht aufgrund seiner ganz besonderen Ausstrahlung, ziemlich tief rein. Ich finde dieses Lied absolut grandios, so wie es ist, würde aber dennoch gerne mal eine Version davon hören, bei der im Hintergrund, ein paar dezente, schwere Gitarren-Riffs, als Begleitung eingesetzt werden. Wäre sicher interessant und vielleicht auch mal eine Variante für die Bühne. Zum Ausklang dieser halben Stunde musikalischen Hochgenusses, gibt es bei „Empire“ noch mal eine Breitseite aus der Heavy Metal Abteilung. Kraftvolle Power der Rhythmus-Sektion, um Aapo und Eemeli Timonen, dazu druckvolle Gitarren-Riffs von Aleksi Mäkelä, der hier auch ein tolles Solo hinzaubert. Der ausdrucksstarke, vielseitige Gesang von Johanna Ahonen steht einmal mehr über den Dingen. Und so geht dann ein sehr unterhaltsames, absolut auf den Punkt komponiertes und arrangiertes Hit-Album zu Ende, das sicherlich nicht nur bei mir, regelmäßig in Dauerrotation läuft.
Herzlichen Glückwunsch an Memoremains! Ich bin überzeugt davon, dass „Pop Metal“ diese wunderbare und sympathische Band aus Finnland, ein großes Stück nach vorne bringen wird. Eine Tour dürfte das natürlich noch unterstützen und so hoffe ich sehr, auf ein baldiges „Live“-Erlebnis!

Band

Johanna Ahonen (Gesang)
Aleksi Mäkelä (Gitarre)
Mikko Kujanpää (Keyboard)
Aapo Timonen (Bass)
Eemeli Timonen (Schlagzeug)

Titel

  1. We Are One
  2. Sympathy
  3. Back Off
  4. Paralyze
  5. Psycho
  6. Miscreation
  7. Not My Fault
  8. Déjà Vu
  9. Empire
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