Die Schweden Emetropia lassen am 23.02.2022 ihr Debüt „Equinox“ von der Leine. Ein außergewöhnlich hochklassiges Symphonic Metal Album, getragen von gewaltigen Orchester-Arrangements. Sehr facettenreich und filigran komponiert, veredelt mit einer traumhaften Stimme, die zum Niederknien schön ist. Obendrauf gibt es noch eine satte Portion kraftvollen, melodischen Power Metal. 10/10

Die Newcomer Emetropia haben ihre gemeinsame Reise 2017 begonnen. Beheimatet im netten, schwedischen Städtchen Linköping, gelegen in der historischen Provinz Östergötland. Bereits 2018 war das Sextett mit ihrer ersten Veröffentlichung am Start, der bemerkenswerten 4-Track- EP „Processions Of The Kings“! Gleichzeit auch der Moment, als diese unglaublich talentierte Band zum ersten Mal, meine Aufmerksamkeit erhielt. Für mich, nach wie vor, eine der ambitioniertesten Erstveröffentlichungen, die ich kenne. Aber nicht nur mich konnten Emetropia damit begeistern, auch die eine oder andere Band und verschiedene Veranstalter wurden hellhörig. So war es ihnen möglich bereits mit ihrer EP eine kleine Tour zu spielen und haben dabei unter anderem, für Crossing Eternity und Bloodbound eröffnet. Die Songs auf der EP sind Auszüge aus der großen „Equinox“-Saga, die nun auf dem Debüt-Album in Gänze zu hören ist. Das bedeutet auch, dass alle 4 Stücke nun auch auf der Scheibe zu hören sind, jedoch haben sie allesamt eine Runderneuerung erfahren und fügen sich mit neuem Anstrich, bestens in das Klang-Konzept von „Equinox“ ein. In den letzten 5 Jahren haben Emetropia ihr Erstlingswerk mit sehr viel Herzblut und Liebe zum Detail ausgearbeitet, natürlich kam auch den Schweden die Pandemie hier ein wenig zu Gute. Es war genug Zeit vorhanden, um die volle Konzentration auf die Erschaffung eines epischen Meisterwerkes zu verwenden. Für den kreativen Teil der Kompositionen ist im Wesentlichen, Keyboarder Liam Strand zuständig, der aber auch für die gewaltigen Orchester-Arrangements verantwortlich zeichnet und zu dem, ein paar Vocals beisteuert. An den Gitarren finden wir Olle Renius und Jonatan Jakobsson. Den Bass spielt Kristoffer „Bobo“ Pynnönen und die kraftvolle Power aus dem Hintergrund, stammt von Drummer Oscar Heikkinen. Die wundervolle Stimme für die wort- und bildgewaltige Geschichte der „Equinox“-Saga, stammt von Goldkehlchen Lisa Wallenberg, die natürlich auch die Lyrics verfasst hat. Inhaltlich, um das kurz zu erzählen, geht es um folgendes. Die Story startet damit, dass ein kleiner Junge am Kaminfeuer eine Geschichte hört. Sie handelt von dem König des Sommers (the Fey King) und dem König des Winters (the Frost King), die sich auf blutigste Art und Weise ständig bekriegen. Der Junge ist so begeistert und gefesselt von dieser Erzählung, dass er sich als bald, selbst, in Mitten der Geschichte wieder findet und seinerseits versucht, die Wogen zwischen den beiden rivalisierenden Königen zu schlichten. Eine spannende und mitreißende Fantasy-Saga, die mit dem genialen Cover-Artwork, aus der Feder von Jani Stefanovic, großartig illustriert wird. Produziert hat man das Album übrigens selbst, das haben Liam Strand und Olle Renius übernommen und damit einen wirklich tollen Job gemacht. Für Mix und Master dagegen, zeichnet eine echte Genre-Größe verantwortlich, nämlich Michele Guaitoli! Sicher den meisten von euch bekannt, als Sänger und Komponist bei Temperance und Visions Of Atlantis. Er hat damit eine Weltklasse Arbeit abgeliefert und diesem mega Album genau den grandiosen Sound verpasst, den es braucht und verdient hat. Veröffentlicht wird „Equinox“ übrigens Label-unabhängig. Mir ist nicht bekannt, ob Emetropia das bewusst so vor hatten, um keinerlei kreative Kompromisse machen zu müssen oder ob es sich einfach noch nicht anders ergeben hat. Ich denke aber in jedem Fall, dass diese unglaublich talentierte Band das Potential für einen Major-Deal hätte und so manch eingestaubter Symphonic-Metal-Ikone locker noch was beibringen könnte.

Kommen wir nun zur Musik. Zweifelsohne ist „Equinox“ eines der großartigsten, facettenreichsten und opulentesten Symphonic Metal Alben der letzten Jahre. Eine Scheibe die mich über die Maßen begeistert. Es ist hier einfach alles absolut stimmig. Zum einen gibt es da natürlich eine kraftvolle Wand aus progressiv akzentuiertem, melodischen Power Metal, die aber stets songdienlich eingesetzt wird und viel Platz für Variationen bietet. Zum anderen findet man diese unglaublich ausgereifte, kompositorische Finesse, mit der die Harmonien, die orchestralen Arrangements, die wunderschönen Melodie-Führungen und die ausdrucksstarken und emotionalen Gesangslinien, zum Leben erweckt wurden. Opulente Chöre sorgen für ein gigantisches Volumen und diese ständigen, raffinierten Tempo- und Stimmungs-Wechsel, machen die 53 Minuten Spielzeit, zu einem einzigartigen und stets spannungsgeladenen Erlebnis. Das ist ein Hörgenuss der intensivsten Art, ich empfehle dringend den Genuss per Kopfhörer, um wirklich jedes Detail bestmöglich erfassen zu können. Selbst nach X-maligem Durchlauf, werden neue Facetten offenbart. Das, liebe Leser, ist die ganz hohe Kunst des Songwritings, Arrangierens und natürlich auch des Musizierens. Wer seine eigenen Vorlieben beim Symphonic-Metal sieht, wer sich für Bands wie Epica, Nightwish oder Xandria begeistern kann, der kommt an „Equinox“ von Emetropia auf gar keinen Fall vorbei. Hier gibt es von allem etwas, nur eben, von allem auch noch etwas mehr und das mit einem sehr hohen Maß an Eigenständigkeit!

Wie das oben schon angeklungen ist, handelt es sich beim Emetropia-Debüt natürlich um ein Konzept-Album und ich finde, dass es auch musikalisch, als großes Gesamtkunstwerk zu betrachten ist. Es geht dabei weniger um den einzelnen Song, mehr um die Dramaturgie der kompletten Geschichte. Aber natürlich finden sich auch bei so einer Metal Oper, wie ich das hier gerne bezeichnen mag, ein paar ganz besondere Highlights, die individuell herausstechen. Diese möchte ich hier kurz anreißen. Mein absoluter Top-Favorit ist „That Fateful Night“, vielleicht die geilste Symphonic-Nummer der letzten Jahre. Das Stück wirkt majestätisch, erhaben, Lisa Wallenberg mit unfassbarer Gesangsleistung. Explosionsartige Tempowechsel, fette Chöre, satte Riffs und Leads, von Jonatan Jakobsson und Olle Renius, donnernder, progressiv anmutender Rhythmus, dank Oscar Heikkinen und Kristoffer Pynnönen. Erinnert mich stilistisch ein wenig an das letzte Album von Xandria. Die opulenten Keys und Arrangements von Liam Strand runden dieses Meisterstück ab. Wahnsinn!! Mit schwerem, wunderschönen Piano-Intro begeistert „The First Leaf Falls“, einem weiteren Sahnestück auf „Equinox“. Sanfte klassische Arrangements, gepaart mit Lisa’s zauberhafter Stimme, machen den Song zum emotionalen Höhepunkt, der aber durchaus, auch anders kann. Trotz der reduzierten Geschwindigkeit, kommen auch hier, die schwermetallischen Instrumente voll zum Zug und sorgen für viel Abwechslung, mittels der Tempo-Variationen. Die gewaltigen Chöre sorgen für Tiefe und Volumen und der wunderschöne ruhige Mittelteil, gibt dem Stück einen epischen Charakter. Auch noch hervorheben möchte ich „The Old Gods“, das stimmungsvollste Lied auf dem Album. Eine sehr flotte Nummer mit einer ganz feinen Lead-Gitarre, inklusive einem super Solo. Unfassbar starke Vocals von Lisa Wallenberg. Insgesamt sehr opernhaft arrangiert, wunderbare Streicher-Parts, einfach nur genial! „Procession Of The Kings“, das Titel-Stück der 2018er EP erscheint in neuem Glanz, noch stärker, als im Original. Die sinfonische Opulenz ist hier gleichermaßen beeindruckend, wie die Metal-Power, die dem Song zu Grunde liegt, die sehr intensive und eingängige Vocalline, komplettiert das Hörerlebnis. Das ist ganz klar eine Herausforderung an die Kollegen von Nightwish. Ja, meine lieben finnischen Freunde, so etwas habt ihr schon lange nicht mehr abgeliefert. Natürlich verlangt auch das große, 11-minütige XL-Finale eine besondere Erwähnung. „His Final Endeavor“ ist thematisch in 4 Abschnitte unterteilt, die aber fließend in einander übergehen. Dramatischer Beginn, mittels Streichern, gefolgt von rifflastiger, wuchtiger Power, ehe ein neuerlicher ruhiger und emotionaler Teil folgt. Das Stück steigert sich weiter und geht mit tollem Solo, über, in den nächsten Abschnitt, der wieder mehr von Drums und Riffing geprägt ist. Opulente Vocals kommen dazu. Satte Chöre und ein paar „spoken words“, gefolgt von einer getragenen Gesangslinie, führen hin zum finalen Teil. Schön stimmungsvoll, feine Streicher und üppige Arrangements tragen das Album zum Ende, das nach so vielen wundervollen Wandlungen, einen sanften, friedvollen Ausklang findet. Jetzt erst mal kurz verschnaufen… und dann wieder von vorne. Ja, das Suchtpotenzial bei „Equinox“ ist wirklich sehr hoch!

Wo soll das enden? Das ist eine berechtigte Frage, wenn man bereits fürs Debüt die maximale Punktzahl bekommt. Aber es ist, wie es ist. „Equinox ist ein geniales Meisterwerk, das seines gleichen sucht. Der Symphonic Metal Kompass steht ganz klar auf „Nord“ und so darf ich den Schweden Emetropia meinen herzlichsten Glückwunsch zu ihrem Einstand aussprechen. Ich bin absolut überwältigt und freue mich sehr, auf alles, was man von dieser unglaublich talentierten Band noch hören und sehen wird. Ab dem 23.02.2022 könnt ihr liebe Leser, euch dann selbst von alle dem überzeugen lassen, was ich hier geschrieben habe. In diesem Sinn, „Let’s get rocked, not infected!“

Band

Lisa Wallenberg (Gesang)
Liam Strand (Keys, Orchester-Arrangements, Gesang)
Olle Renius (Gitarre)
Jonatan Jakobsson (Gitarre)
Kristoffer „Bobo“ Pynnönen (Bass)
Oscar Heikkinen (Schlagzeug)

Titel

  1. Seasonal Warfare
  2. A Summer Breeze
  3. That Fateful Night
  4. Lord Of The Blizzards
  5. The First Leaf Falls
  6. Fall’s First Storm
  7. The Old Gods
  8. Procession Of The Kings
  9. His Final Endeavor
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