Symphonic Metal Fans hatten den 26.08.2022 sicher schon fett in ihrem Kalender markiert. Das ist nämlich der Tag, an dem eigentlich das mittlerweile 11. Studio-Album von Edenbridge, zum Genuss freigegeben werden sollte. Wie soeben bekannt wurde, musste der Release Day auf den 16.09.2022 verschoben werden! Das ändert aber natürlich nichts an dem zu erwartenden Hörgenuss! Die Österreicher entführen uns dieses Mal nach „Shangri-La“, begleitet von zauberhaften Melodien, grandios inszenierten Orchester-Arrangements und kraftvoll komponiertem Heavy Metal. 9,5/10

Freunden des sinfonischen Metals muss man Edenbridge wohl kaum mehr vorstellen. 1998 gegründet, gehörten sie zu den ersten Bands, die sich dem so genannten female fronted Symphonic Metal verschrieben haben. Ich hatte das große Glück, dass ich gleich zu Beginn der Karriere dieser überaus sympathischen Band aus Österreich, auf sie aufmerksam geworden bin. So konnte ich eine sehr bewegte und musikalisch unglaublich kreative Laufbahn verfolgen, die nun heute ihren vorläufigen Höhepunkt findet, in dem vermutlich stärksten und vielseitigsten Album, das Edenbridge in ihrer langen Vita stehen haben. Und da gab es in annähernd 25 Jahren, schon etliche tolle Scheiben zu bewundern. Aber ich finde, dass „Shangri-La“ in vielen Belangen nochmal einen drauf setzt. Ganz besonders möchte ich die orchestralen Arrangements in den Vordergrund stellen. Hauptkomponist Lanvall hatte schon immer ein außergewöhnliches Talent und Gespür für große Melodien und tolle Harmonien. Die satten Keyboard-Klänge, die kraftvollen Gitarren-Riffs und filigranen Soli, waren bei Edenbridge schon immer geprägt, von dem riesigen Talent des österreichischen Genies. Wenn ich mir aber nun anschaue, wie sich vor allem im Laufe der letzten Alben, die klassischen Arrangements nochmal weiter entwickelt haben, muss ich sagen das ist absolutes Top-Niveau. Da kann dem guten Lanvall, wohl so schnell auch keiner das Wasser reichen. Diese Fähigkeiten haben sich auch nicht nur in der Metal-Szene herum gesprochen, der Österreicher durfte für die 800 Jahr-Feier der Gemeinde Freistadt, sogar eine knapp halbstündige klassische Sinfonie komponieren. Wenn das kein Ritterschlag ist und Beleg für die unglaublichen Fähigkeiten von Lanvall, dann weiß ich es auch nicht. Das neue Album „Shangri-La“ hat er aber natürlich nicht alleine bewerkstelligt. Wie schon von Beginn an, an seiner Seite, die wundervolle Sabine Edelsbacher, die sich sehr intensiv den Texten gewidmet hat und ihre traumhafte, so unglaublich vielseitige Stimme, wieder mit all ihren Facetten eingesetzt hat, um aus „Shangri-La“ so ein wunderbares Album zu machen. An der Lead-Gitarre hören wir, wie schon seit vielen Jahren, Dominik Sebastian (auch Serious Black). Den Bass spielt Steve Hall (auch Crystallion) und die Schlagzeug-Power stammt von Johannes Jungreithmeier, beide auch schon seit einigen Jahren mit von der Partie. Nachdem letzten Album „Dynamind“ wären dann eigentlich für 2020 umfangreiche Tour-Aktivitäten geplant gewesen aber, wie wir alle wissen, kam da eine Pandemie dazwischen, die aber, wie bei so vielen Bands, auch bei Edenbridge, für die nötige Zeit und Ruhe gesorgt hat, der Kreativität ihre ganze Freiheit und Entfaltung zu geben. So ist es dann nicht überraschend, dass es auch Edenbridge gelungen ist, in dieser Zeit ihr gewaltigstes Epos zu erschaffen. In jedem Detail konnten die Österreicher noch ein bisschen mehr aus sich herausholen uns so liefert dann „Shangri-La“ eine knappe Stunde wunderbaren Hörgenuss, sowohl musikalisch, als auch inhaltlich. Schon oft haben Edenbridge das Paradies zum Thema genommen, freilich verpflichtet da auch der Name ein bisschen dazu. Hier im Speziellen, geht es nun um das fiktive Shangri-La, das allgemein hin, als paradiesischer Ort bekannt ist, wo Frieden, Ruhe und Harmonie zu Hause sind. Manche bezeichnen es auch gerne als die ewige Quelle der Weisheit. Grundsätzlich ist es aber nur eine literarische Erfindung des britischen Schriftstellers James Hilton, aus dem 1933 erschienen Roman „Lost Horizon“. Wie bei so vielen Geschichten, Legenden und Mythen, steckt aber auch bei dem fiktiven Shangri-La ein Funken Echtheit dahinter. Denn im alten buddhistischen Glauben, gibt es einen Ort, dem man ähnliche Eigenschaften zu sprach und der den schönen Namen Shambhala trägt. Beschreiten wir nun aber die Brücke nach Eden und wenden uns wieder in der realen Welt, diesem tollen Album zu. Denn es gibt durchaus noch ein bisschen mehr wissenswertes zu diesem Meisterstück zu berichten. Das grandiose Cover Artwork stammt von Muhammad K. Nazia, einem sehr talentierten Künstler aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, der das Thema des Albums ganz brillant eingefangen hat. Die Produktion des Albums hat wie üblich, Lanvall selbst gemacht. Mix und Master haben Edenbridge wieder in die Hände von Karl Groom gelegt, dem kreativen Kopf von Treshold. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen oder besser gesagt, hören lassen. Veröffentlicht wird „Shangri-La“ über AFM Records, wo Edenbridge inzwischen untergekommen sind. Widmen wir uns aber nun der Musik.

Wir starten dann auch gleich mit einem monumentalen, 8-minütigen Top-Hit. „At First Light“ beginnt wuchtig, mit schroffem Riffing aber auch die Orchestrierung wird gleich komplett hochgefahren. Die Vocalline beim Vers ist schön schwer und getragen, der Refrain ausdrucksstark. Sabine Edelsbacher kann sich hier gleich sehr gut auszeichnen. Wirklich beeindruckend ist der orchestrale Zwischenteil, da hat Lanvall ein feines Händchen bewiesen. Ein tolles Gitarren-Solo gibt es auch noch und zur Auflockerung wurde ein schöner ruhiger Moment mit installiert, mit Klängen von der Akustik-Gitarre. „The Call Of Eden“ ist etwas gradliniger ausgefallen, mit einer tollen Melodie von der Lead-Gitarre. Der Vers-Teil ist sanft, der Chorus wirkt erhaben. Die starke Gitarren-Arbeit sorgt für Akzente und so können sich Dominik Sebastian und Lanvall sehr gut in Szene setzen. Das Finale des Songs ist opulent und gewaltig. Es gibt dazu auch ein wunderschönes Video, das mindestens so großartig ist, wie das Lied selbst! „Hall Of Shame“ ist ein echtes Kraftpaket. Die Rhythmus-Abteilung um Steve Hall und Johannes Jungreithmeier kommt hier sehr gut raus und gibt dem Stück die notwendige Power. Sattes Riffing begleitet das Lied. Die Vocals schweben förmlich über dem Song, so wie das für Edenbridge Kompositionen oft typisch ist. Beim Refrain geht das Stück so richtig auf und setzt viel Energie frei. Sabine Edelsbacher zeigt sich sehr vielseitig und gibt dem Song das richtige Feeling. Mit „Savage Land“ kommen wir zur ersten Ballade des Albums. Unnötig zu erwähnen, dass hier alle Emotionen freigesetzt werden, wunderschön gesungen, sehr sanft, mit gelegentlicher Melancholie und einem fast schon sphärischen Chorus. Großartig gemacht! Lanvall packt hier auch seine Akustik-Gitarre wieder aus, die ein ständiger Begleiter ist. Das große Highlight ist ein ausgedehntes Querflöten Solo, das dem Stück eine sehr geheimnisumwobene, mystische Note verleiht. Dies ist ein Gastbeitrag von Daniel Tomann-Eickoff, den sich Edenbridge vom Rundfunkorchester des NDR „ausgeliehen“ haben. Brillant gespielt und sensationell eingebaut. Ein legendärer Jethro Tull – Moment, keine Frage. MEGA! Deutlich druckvoller geht es dann mit „Somewhere Else But Here“ weiter. Sehr cool ist hier der Spannungsaufbau, der durch immer wieder wechselndes Tempo gut gefördert wird. Auch ein Highlight ist der volumenreiche Refrain, der dem Stück viel Ausstrahlung verleiht und auch der rhythmische, sehr energiegeladene Mittelteil verlangt eine Erwähnung. Wirklich gut gemacht! Ach ja, ein Video gibt es dazu auch schon. Nun heißt es anschnallen bitte, jetzt kommen wir zu einem wirklich rasanten Stück. „Freedom Is A Roof Made Of Stars“ hat nicht nur den vielleicht coolsten Titel bekommen, es ist auch der kräftigste Song des Albums. Sehr modernes, fast schon wütendes Riffing, mit leicht progressiver Nuance. Da kann sich die Saiten-Fraktion um Lanvall, Dominik Sebastian und Steve Hall wirklich voll austoben. Johannes Jungreithmeier gibt den flotten Takt vor und so geht es zügig voran. Aber nachdem das ja nun kein Metallica Album ist, gibt es natürlich auch bei diesem Stück, sehr viele kreative Feinheiten zu entdecken. Neben der traumhaften Melodieführung und Sabine Edelsbacher’s wunderbarem Gesang, sind vor allem die Arrangements zu bejubeln. Hört euch hier nur mal den bombastischen, orchestralen Mittelteil an. Eine Mischung aus Filmmusik und klassischer Sinfonie. Das ist wirklich großes Kino für die Ohren, liebe Leser! „Arcadia (The Great Escape)“ fährt das Tempo dann wieder merklich zurück. Gleich zu Beginn kann sich hier Lanvall wieder auszeichnen. Wunderbarer Piano-Part kombiniert mit der Akustik-Gitarre. Schön schwermütig aber auch tief emotional. Sabine mit warmer und weicher Stimme, einfach unbeschreiblich gut gesungen. Das Lied steigert sich dann sukzessive. In kleinen Nuancen verstärkt sich nach und nach die Instrumentierung, was nach tollem Solo in einem kraftvollen Ende gipfelt. „The Road To Shangri-La“ ist dann das Titel Stück, könnte man wohl so sagen. Die Nummer wurde vorab schon mit visueller Begleitung veröffentlicht. Der Song vermittelt hier eine dezent fernöstliche Färbung und begeistert gleich zu Beginn, mit einer wunderbaren Solo-Lead-Gitarre. Mit fettem Riff treibt das Stück gut vorwärts. Die getragenen Vocals werden immer wieder von starken Backings gestützt, hierfür ist übrigens Thomas Strübler zuständig, der seit ein paar Jahren diese Rolle einnimmt und sich mit Sabine Edelsbacher brillant ergänzt. Das große Highlight bei diesem Song ist übrigens einmal mehr der Refrain. Eine wahrhaft majestätisch anmutende Meisterleistung! Die meisten Bands wären wohl schon zufrieden, mit dem was wir bislang gehört haben, nicht aber Edenbridge. Die Österreicher packen auf die bisherigen 8 Hits nochmal ein echtes Monumental-Stück obendrauf, das so facettenreich und beeindruckend ist, dass man dazu fast eine separate Review schreiben könnte. Freut euch nun noch auf abschließende gut 16 Minuten Hörspaß, der in meinen Augen alles sprengt, was Edenbridge bislang veröffentlicht haben. Hier mein Erlebnisbericht zu dem 5-teilgen, finalen Epos „The Bonding (Pt.2)“. Wie ihr vollkommen richtig vermutet, ist dies als Fortsetzung des Titel-Stücks vom 2013er Album zu sehen. Und auch hier, ist als Duett-Partner wieder der großartige Erik Mårtensson (Eclipse, Nordic Union) mit dabei, der, ich darf es vorweg nehmen, einen sensationellen Job macht. Wir starten mit einer wunderbaren Melodie, die als Grundmelodie zu sehen ist und auch im Verlauf wieder auftaucht. Das Lied offenbart eine tolle Dramatik, ein unfassbares Volumen, liefert eine tolle Stimmung und führt den Hörer durch ein Wechselbad der Gefühle. Es gibt tolle Parts mit satten Riffs und Soli, wo sich natürlich Dominik Sebastian und Lanvall wieder vergnügen können. Letzterer glänzt aber auch mit unfassbar guten Arrangements und Keyboard/Piano-Parts. Der Spannungsaufbau ist genial und zieht sich mit unglaublich viel Abwechslungsreichtum durch das gesamte Stück. Auch einige kraftvolle, rhythmische Momente sind gut involviert, die Steve Hall und Johannes Jungreithmeier ins Rampenlicht stellen. Die Harmonie zwischen Sabine Edelsbacher und Erik Mårtensson ist beeindruckend, die ein außergewöhnliches Gesangs-Duo bilden und vor allem den schwedischen Hardrocker, in ganz andere Regionen führt, wie man sie üblicherweise von ihm gewohnt ist. Eine herausragende Sequenz gibt es etwa zur Hälfte des Songs, mit einem fantastischen Gitarren-Solo und einem epischen Klassik-Part, der fast schon ein bisschen was sakrales an sich hat, begleitet von großartigen Backing-Chören. Nach akustischem Intermezzo bewegen wir uns langsam zu einem unfassbar intensiven und emotionalen Ende hin. Sabine leitet das mit tiefer Stimme ein, Erik kommt dann als bald mit dazu. Die beiden steigern sich derart in das Stück rein, dass man von einer Gänsehaut-Attacke zur nächsten kommt, im Besonderen dann, wenn die beiden auch noch zweistimmig agieren. Es kommt dann auch wieder die eingangs erwähnte, wunderschöne Grundmelodie zurück und mit einer unglaublichen Opulenz, Energie und Ausstrahlung geht dieses phänomenale, tief emotionale Album-Highlight zu Ende. Ich hoffe ihr wisst, was ihr vor allem mit diesem letzten Meisterstück, für eine geniale Komposition geschaffen habt. Das ist einfach nur Wahnsinn!

Ich verneige mich vor diesem künstlerischen Genius, der hinter „Shangri-La“ steckt! Herzlichen Glückwunsch an Edenbridge, zu einem wahrlich überwältigenden Epos. Wollen wir hoffen, dass dieses Mal, die Live-Ambitionen durch nichts ausgebremst werden und wir sehr bald wieder, eine opulente Bühnen-Darbietung erleben dürfen. Denn das ist exakt das, was dieses Album braucht. Und nicht vergessen, liebe Leser, dieses paradiesisch, monumental anmutende Meisterwerk, ist ab dem 16.09.2022 erhältlich!

Band

Sabine Edelsbacher (Gesang)
Lanvall (Gitarren, Keyboard, Piano, Orchester-Arrangements)
Dominik Sebastian (Gitarre)
Steve Hall (Bass)
Johannes Jungreithmeier (Schlagzeug)

Titel

  1. At First Light
  2. The Call Of Eden
  3. Hall Of Shame
  4. Savage Land
  5. Somewhere Else But Here
  6. Freedom Is A Roof Made Of Stars
  7. Arcadia (The Great Escape)
  8. The Road To Shangri-La
  9. The Bonding (Pt.2) (feat. Erik Mårtensson)
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