Gut eineinhalb Jahre nach ihrem grandiosen Debüt, haben Ad Infinitum bereits den Nachfolger am Start. „Chapter II – Legacy“ ist eine Symphonic-Metal Naturgewalt, mit bombastischen Orchester-Parts, gewaltiger, ungezügelter Heavy Metal Power und dem Jahrhundert-Hit „Unstoppable“! Dafür gibt es natürlich die maximale Punktzahl! 10/10

Ich kann mich noch bestens daran erinnern, als wäre es erst gestern gewesen, wie ich Anfang letzten Jahres dem Debüt-Album „Chapter I – Monarchy“ entgegen gefiebert und mich auf die Review vorbereitet habe. Auch die Vorfreude auf die damals geplanten Touren von Ad Infinitum, zum einen mit Serenity, zum anderen mit Visions Of Atlantis, haben das Herz höher schlagen lassen. Tja und dann hat sich Corona breit gemacht und sämtliche Pläne zerstört oder mehrfach aufgeschoben. Ein Jammer aber das kennen wir ja nun alle zur Genüge. Ad Infinitum haben aber den Kopf nicht in den Sand gesteckt und die Zeit kreativ genutzt, um zunächst ihr wunderbares Akustik-Album „Chapter I – Revisted“ zu veröffentlichen und dann auch gleich mit dem Songwriting für „Chapter II – Legacy“ zu beginnen. Viel Zeit zum Komponieren zu haben, kann schon auch ein Segen sein, denn das Ergebnis ist einfach nur gigantisch. Dazu aber dann später mehr. Seit der letzten Veröffentlichung hat es bei Ad Infinitum einen Besetzungswechsel gegeben. Der aus persönlichen Gründen ausgestiegene Bassist Jonas Asplind, wurde durch Korbinian Benedict ersetzt. Ansonsten ist alles beim alten geblieben. Niklas Müller verhaut nachwievor die Drums und Adrian Thessenvitz, sorgt mit seinem filigranen und facettenreichen Gitarren-Spiel, weiterhin für bestmögliche Unterhaltung. Den Ton gibt selbstverständlich, wie gewohnt, Bandgründerin und Stimmwunder Melissa Bonny an. Die hochtalentierte junge Sängerin war in den abgelaufenen Monaten auch außerhalb von ihrer Stammband sehr aktiv. Gastbeiträge unter anderem bei Feuerschwanz, Warkings und Malefistum, sind großartige Belege für die Vielseitigkeit der bezaubernden Schweizerin. Für das neue Album haben sich die vier Musiker ganz offensichtlich sehr viel vorgenommen. Besonders auffällig sind die noch deutlich opulenteren Orchester-Arrangements, dafür zeichnet übrigens Elias Holmlid verantwortlich. Es ist dem schweizerisch/deutschen Quartett auch gelungen, dem Album eine unglaubliche Energie zu verpassen, die bei jeder Note, bei jedem Akkord und bei jedem Ton, perfekt an den Zuhörer übertragen wird. Ich kenne nicht viele Scheiben, bei denen so eine unbändige Power und Intensität rüber kommt. Das ist sicher auch der fantastischen Studio-Arbeit von Jacob Hansen zu verdanken, der hier mal wieder einen phänomenalen Job abgeliefert hat. Er ist zweifelsfrei, der beste Hard&Heavy-Produzent auf unserem Planeten! Musikalisch sind wir auch bei „Chapter II – Legacy“ in wesentlichen Teilen beim Symphonic Metal gelandet aber auch die Einflüsse aus dem Melodic Death sind unüberhörbar, sicherlich auch Melissa’s Vergangenheit bei Rage Of Light geschuldet. Es werden aber auch immer wieder mal progressive Elemente eingesetzt und der eine oder andere Moment des modernen Melodic Metal, im Stile von Amaranthe, ist klar erkennbar. Wer den Hintergrund von Melissa Bonny ein bisschen kennt, hat vermutlich eine ganz gute Idee davon, wo dieser Einfluss wohl herkommen könnte. Diese musikalische Zusammensetzung sorgt für ein unglaublich homogenes, abwechslungsreiches und spannendes Album, bei dem es auch nach dem 10. und 20. Durchlauf, immer wieder noch Neues zu entdecken gibt. Inhaltlich haben sich Ad Infinitum dieses Mal der Geschichte, von dem, aus dem Fürstentum Wallachei stammenden Vlad III. Draculea gewidmet. Historikern zu Folge, die Person, die als Vorlage für all die tollen Filme und Bücher über den berüchtigten Graf Dracula, gedient hat. Ihr seht also, auch textlich hat „Chapter II – Legacy“ einiges zu bieten und sorgt auch so, für beste Unterhaltung. Übrigens, das wunderbare Cover-Artwork stammt von der spanischen Künstlerin Nat Enemede, eine großartige Arbeit, wie ich finde. Ad Infinitum haben ihr neues Album inzwischen auch tatsächlich schon live einweihen dürfen. Im Z7 in Pratteln hat es unlängst eine viel gefeierte Release-Show gegeben, u.a. mit Illumishade im Vorprogramm. Leider konnte ich das nicht persönlich erleben, weiß aber von Augenzeugen-Berichten aus erster Hand, dass es tatsächlich ein gewaltiges, unvergessliches Spektakel gewesen sein muss. Eine aufwändig gestaltete Streaming-Show mit tollen Gästen, wurde ebenfalls produziert, für alle die es nicht nach Pratteln geschafft haben und ist aktuell auch noch für ein paar wenige Tage online verfügbar. Absolut sehenswert und macht definitiv Laune auf kommende Tour-Aktivitäten. Kommen wir aber nun zur Musik, die hat es, wie schon angedeutet, wirklich in sich!

„Reinvented“ macht den Anfang. Ein flott vorangehendes Stück mit sehr feiner Gitarren-Melodie und gewaltigen Orchester-Parts. Eine wunderbare Vocalline führt durch das Lied und nimmt den Zuhörer gleich von der ersten Note an mit. Ein kurzes halbakustisches Intermezzo mit anschließendem Power-Finale, ist dann noch das i-Tüpfelchen beim Opener. Dann kommen wir auch schon zu dem alles überragenden, eingangs bereits erwähnten Jahrhundert-Hit, „Unstoppable“. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich das fantastische Video, als es vor einigen Wochen veröffentlich wurde, mal eben 3 Stunden am Stück angeschaut hab. Es geht schon mal gleich mit dieser super prägnanten Gitarren-Melodie los, die man nicht mehr aus dem Ohr kriegt. Ein Genie-Streich von Adrian Thessenvitz. Es setzen die fetten, galoppierenden Drums von Niklas Müller ein, begleitet vom feinen Bass-Spiel von Korbinian Benedict. Die opulenten Arrangements geben dem Stück ein unglaubliches Volumen und die Vocal-Performance von Melissa Bonny, ist zweifelsohne, nicht von dieser Welt! Es passt hier einfach alles. Ich würde „Unstoppable“, als „den perfekten Song“ bezeichnen. Die Harmonien, der Text, die Kraft, die unfassbare Energie und die Intensität, es ist nur schwer in Worte zu fassen. Die meisten von euch kennen das Stück sicherlich schon ähnlich lange wie ich und ihr könnt das somit bestimmt gut nachvollziehen, was ich meine. Etwas ruhiger und dezent melancholisch, startet „Inferno“, ein weiteres Mega-Highlight auf dem Album. Der Song geht nach einem Break, deutlich stimmungsvoller weiter, leicht progressiv, mit wunderbaren Streicher-Elementen und einem hammermäßigen Refrain! „Your Enemy“ ist aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Sehr modern, wuchtige, ruppige Riffs, dominante Bass-Linien. Melissa wechselt spielerisch zwischen sanfter Stimme und mächtigen Growls, wo sie nur diese Kraft her nimmt, einfach unglaublich. Zur Auflockerung gibt es einen herausragenden Orchester-Part im Mittelteil des Songs. Wäre das genial, Ad Infinitum mal mit einem echten klassischen Orchester zu erleben? Aber wer weiß, ihre Label-Kollegen Visions Of Atlantis haben das ja schon mal erfolgreich umgesetzt, warum also nicht? Vielleicht sogar gemeinsam? Nun kommt der große Moment von Gastsänger Nils Molin (Dynazty, Amaranthe). „Afterlife“ erinnert nicht nur stilistisch ein wenig an Nils‘ andere Betätigungsfelder, sondern zeigt auch, wie perfekt er und Melissa bei diesem Duett harmonieren. Der Song ist eher düster und schwer, mit getragenen Vocals, starke Arrangements und ein toller Chorus komplettieren den Hörgenuss. „Breathe“ spannt für mich musikalisch gesehen, am ehesten den Bogen zum Debüt. Das Stück wirkt ein wenig mystisch, mit feinen Piano-Klängen und toller Melodie-Führung, dazu ein opulenter, klassisch akzentuierter Klangteppich, insgesamt vielleicht das ruhigste Stück des Albums. „Animals“ kommt dann wieder mit voller Kraft aus den Lautsprechern. Eine wunderbare Hymne mit viel Volumen und einer ausgedehnten Spielwiese für die Instrumental-Fraktion. Melissa Bonny gelingt es hier wieder mal ganz ausgezeichnet zwischen emotionalem, kraftvollen und gutturalem Gesang zu variieren. Wirklich brillant. Ein kleiner heimlicher Favorit von mir ist „Into The Night“. Satte Riffs von Adrian Thessenvitz und kraftvolle Drums von Niklas Müller treiben den Song an und die großartigen Streicher-Arrangements hauchen dem Lied Leben ein. Hier macht sich auch der Hang zum Melodic Death besonders stark bemerkbar. Melissa singt und growlt, als ob es kein Morgen gäbe. Keine andere Metal-Sängerin ist aktuell in der Lage, Kraft, Tiefe und Energie so großartig in Einklang zu bringen. Die Nummer muss zum Pflichtprogramm für kommende Live-Aktivitäten gehören! „Son Of Wallachia“ beginnt mit wunderschönen Streicher-Parts und steigert sich langsam zu seiner vollen Opulenz. Mit getragener Vocalline und einem eher dezenten Riffing, ergänzt durch ein sehr feines Solo, avanciert der Track zu einer genialen Mid-Tempo-Hymne, die sich erst nach mehrmaligem Hören, in voller Stärke zu erkennen gibt, einen dann aber garantiert nicht mehr los lässt. Überragend! „My Justice, Your Pain“ weicht nach meinem Empfinden stilistisch ein wenig vom Rest ab. Instrumental kommt das ganze ziemlich groovig rüber, hat teils fast schon Hardrock-Ambiente, wenn nicht sogar dezente poppige/punkige-Einflüsse. Möglicherweise ist hier auch der externe Co-Songwriter Christoffer Stjerne die ausschlaggebende Komponente. Das ändert aber freilich nichts daran, dass es auch hier tolle klassische Arrangements und das bewährte Wechsel-Spiel zwischen Klargesang und gelegentlichen Growls zu hören gibt. Bei so einem Stück stehen natürlich die Rhythmus-Instrumente klar im Rampenlicht und so können sich Korbinian Benedict und Niklas Müller voll austoben. Die starke, rifforientierte Gitarren-Arbeit von Adrian Thessenvitz will ich aber auch nicht unterschlagen. Eine sehr starke Nummer! Von sanftem Piano bis hin zu gewaltigem Orchester Bombast, reicht die Palette bei dem Stück „Haunted“. Eine sehr schöne Gitarren-Melodie leitet über in kraftvolle Riffs und auch Melissa Bonny spielt, wie gewohnt, ihr ganzes Repertoire aus. Mal ruhig, mal mit viel Power und dann wieder mit wilden Growls. Es ist schon beeindruckend, mit welchem Tiefgang und mit welcher kompositorischen Detail-Arbeit, hier vorgegangen wurde. Das macht die Musik von Ad Infinitum aus und ist auch der Grund dafür, dass die Stücke selbst nach x-maligem Genuss, immer noch frisch und interessant klingen. „Lullaby“ bildet den Abschluss dieses epischen Meisterwerkes. Ihr denkt nun vielleicht, zum Ende ein ruhiger Ausklang? Nein, weit gefehlt! „Lullaby“ ist alles andere, als eine Ballade. Der Song ist ziemlich wuchtig und modern, mit, einmal mehr, üppigen klassischen Arrangements und gelegentlichen, progressiven Momenten, dazu noch mal eine gute Portion Melodic Death. Ein schönes, schweres Stück zum Ende eines denkwürdigen Albums.

Liebe Melissa, lieber Adrian, lieber Korbinian und lieber Niklas, ich weiß nicht, was ihr euch selbst von diesem Album erwartet oder was ihr euch damit für Ziele gesteckt habt. Ich für meinen Teil, kann nur eines sagen, „Chapter II –Legacy“ ist unfassbar stark geworden und ich glaube fest daran, dass euch mit dieser gigantischen Scheibe, alle Türen nach ganz oben, weit offen stehen. Meinen aller herzlichsten Glückwunsch dazu! Mit Napalm Records habt ihr natürlich auch den perfekten Partner an der Seite, mit dem ihr Ad Infinitum locker auf das nächste Level heben könnt. Ich freue mich schon sehr auf euch, wenn es dann hoffentlich bald auf Tour gehen kann. In diesem Sinne „Let’s get rocked, not infected!“

Band

Melissa Bonny (Gesang, Growls)
Adrian Thessenvitz (Gitarre)
Korbinian Benedict (Bass)
Niklas Müller (Schlagzeug)

Titel

  1. Reinvented
  2. Unstoppable
  3. Inferno
  4. Your Enemy
  5. Afterlife (ft. Nils Molin)
  6. Breathe
  7. Animals
  8. Into The Night
  9. Son Of Wallachia
  10. My Justice, Your Pain
  11. Haunted
  12. Lullaby
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